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Allgemein

Die erwarteten Zinsentscheide der Notenbanken fielen erwartungsgemäss aus. Die EZB und auch die US-Notenbank erhöhten ein weiteres mal den Leitzins und setzten so die rekordschnelle Straffung der Geldpolitik fort. Aller Erwartung nach, dürfte es für die US-Notenbank nun die letzte Zinserhöhung dieses Jahres bedeuten. Notenbankchef Jerome Powell hat sich anlässlich der Pressekonferenz zum weiteren Pfad sehr verdeckt gehalten. Die FED weiss, dass sich die nachhinkenden Auswirkungen ihrer Geldpolitik erst noch manifestieren werden, und will damit weitere Wirtschaftsdaten erstmal abwarten (siehe FOKUS). Ähnlich dürfte es der EZB ergehen. Die Inflation läuft diesseits und jenseits des Atlantiks dank des Basiseffektes und schwacher Nachfrage aus Asien (China) in die gewünschte Richtung. Der internationale Währungsfonds IWF hat die Konjunkturprognosen trotz der Schwäche in China für das laufende Jahr 2023 jedoch angehoben und für 2024 unverändert bei 3% Wachstum belassen. Die Bank of Japan sorgte indes für eine Überraschung, indem sie das Zielband für die langjährigen Zinsen flexibilisierte. Das formelle Ziel für 10-jährige Zinsen bliebt bei 0%, aber dem Markt soll erlaubt sein, bis auf 1% zu steigen. Damit steigt die japanische Zentralbank nach langem Zögern auch auf einen Normalisierungskurs um. Mittlerweile haben die chinesischen Behörden erste Stimulierungsmassnahmen für ihre schwächelnde Konjunktur bekannt gegeben. Der Fokus liegt dabei vor allem auf dem Konsum und Ausbau der Schlüsselinfrastruktur. Auf Unternehmensebenen sind die Gewinnberichte für das zweite Quartal bisher überraschend gut ausgefallen.

Aktienmärkte

Aus Sicht der Schweizerfrankeninvestoren war die Monatsentwicklung an den internationalen Aktienmärkten weitgehend ein Treten an Ort und Stelle. An der US-Leitbörse haben bisher rund die Hälfte der Unternehmungen ihre Quartalszahlen für das zweite Quartal 2023 präsentiert. Insgesamt konnten 80% der Unternehmungen auf Basis des Gewinns und 64% auf Basis des Umsatzes übertreffen. Im Vorfeld der Quartalsberichte wurden die Schätzungen jedoch wiederum gesenkt, sodass die positiven Überraschungen etwas relativiert sind. Für das 2. Quartal wird ein erneuter Gewinnrückgang um 7% erwartet, was den grössten Rückgang seit 2020 markiert. Ähnlich sieht das Bild in Europa auf der Gewinnebene aus. In der noch jungen Berichtssaison konnten aber die Erwartungen Punkto Umsatz bisher nicht ganz erfüllt werden. Eine prominente Enttäuschung gab es gleich zweimal aus dem Luxussektor. LVMH enttäuschte die Marktteilnehmer wegen rückläufigen US-Verkaufszahlen und verlor gegen den stabilen Trend des Gesamtmarktes rund 2%. Auch Richemont konnte die hohen Umsatzerwartungen nicht erfüllen (-7.5%). In den USA waren es META und Alphabet.com welche dank solidem Werbe- und Cloudbusiness florierten.

Zinsen

Die Renditen der weltweiten Anleihenmärkte tendierten marginal höher. Der Regimewechsel der Bank of Japan liess die 10-jährigen Renditen jedoch auf 0.6% anspringen. Dieser sprunghafte Anstieg war in den Augen der japanischen Währungshüter bereits zu stark, sodass am letzten Julitag bereits wieder mit 300 Mia. Yen eine Intervention gestartet wurde. Die Zinskurvenstruktur bleibt stark invers. Bereits gibt es Meinungen, welche die Inversion anders deuten wollen als gewohnt, und zwar so, dass es ein Zeichen von fallender Inflation und höherer Aktienkurse sei und nicht wie sonst breit anerkanntes Rezessionssignal. Die Zeit wird es zeigen, ob ein solches «Nirvana-Szenario» möglich ist.

Währungen & Rohstoffe

Die mehr und mehr bestätigten Hoffnungen auf chinesischen Stimulus liessen die Rohstoffpreise haussieren. Insbesondere die Preise für fossile Energieträger erlebten ein Revival. Der Preis für Öl notiert 16% höher im Juli. Edelmetalle wie Gold und Silber gewannen 2-3%. Die Energiekomponente werden die künftigen Inflationszahlen wiederum prägen und für einen womöglich hartnäckigeren Preisdruck sorgen als erwartet.

Ausblick

Die Finanzmärkte haben sich fest auf das Szenario «Softlanding» eingeschossen. In anderen Worten rechnen die Investoren mit fallender Inflation und anhaltend starkem Arbeitsmarkt trotz den rekordhohen Zinserhöhungen. Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios wurde in den vergangenen Wochen mit stetig guten Daten vermehrt untermauert. Bisher ist eine sanfte Landung jedoch historisch nur selten gelungen. In den 90er Jahren schaffte es Alan Greenspan nach aggressiven Zinserhöhungen die Inflation zu bändigen, ohne wesentlichen Stress am Arbeitsmarkt herbeizuführen. Es ist die globale Konstellation, welche uns weiterhin etwas skeptisch stimmt im Hinblick auf das vom Markt abgebildete perfekte Szenario. Denn sollten die Chinesen die Wirtschaft ausgiebig stimulieren, erhöht dies unweigerlich den Inflationsdruck im Westen, was folglich die Zentralbanken zur weiterer Straffung der Zinsen veranlassen dürfte. Der Vorbote sind die wieder erstarkten Energiepreise. Für den Moment jedoch scheint diese Gefahr vom Markt nicht als wahrscheinlich eingestuft zu werden. Eine Erholung ausgehend von der chinesischen Wirtschaft könnte andererseits zyklischere Werte wieder mehr ins Zentrum des Anlegerinteresses rücken, nachdem in den vergangenen Wochen nur noch das Thema der künstlichen Intelligenz hauptsächlich für grosse Sprünge bei Technologieaktien gesorgt hat. Saisonal stehen mit dem August und September historisch nun eher schwierige Börsenmonate bevor und die Stimmung der Privat- und institutionellen Anleger ist auf konträrem Niveau angekommen.

 

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