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Allgemein

Das Umfeld blieb herausfordernd. Die Unsicherheit ist aufgrund der hohen Inflationsraten und Zinserhöhungen der Zentralbanken einerseits und geopolitischer Spannungen anderseits erhöht. Das dominierende Thema für die Finanzmärkte ist das schwelende Stagflationsrisiko. Eine Gewinnrezession scheint wahrscheinlicher als noch vor wenigen Monaten. Die Analystengemeinde hat ihre Gewinnerwartungen noch nicht an eine potenzielle Rezession angepasst. Wir rechnen heute nicht mit einer scharfen Rezession wie diejenige im Zuge der Finanzkrise und messen einer technischen Rezession eine höhere Wahrscheinlichkeit bei. Die Zentralbanken haben die Risiken der heisslaufenden Inflation erkannt und ergriffen je nach Region bereits Massnahmen, während andere sich erst noch für den Kampf zu rüsten scheinen. Aus globaler Sicht könnten die Ausgangslagen und somit die Massnahmen der Notenbanken nicht unterschiedlicher sein. Während sich die ganze Welt mit markant gestiegenen Rohstoffpreisen konfrontiert sieht, stellen die notorisch hohen Energiepreise - die unter anderem ein starker Treiber der Inflation sind - ein erhebliches Wachstumsrisiko dar (siehe FOKUS). Deutschland bereitet sich gezwungenermassen bereits auf eine Gaskrise vor. Die Wachstumsrisiken überwiegen im «Governing Council». Entsprechend zögerlich verhält sich die EZB - sie hat bislang nicht an der Zinsschraube gedreht. Es wurden bereits Beschlüsse für die Reinvestition des heute auslaufenden Pandemie-Stützungsprogramms in einem neuen Anleihekaufprogramm gefasst. Bislang sind aber noch keine Details zum Mechanismus und dem Volumen bekannt. Ziel dabei ist, eine Fragmentierung der Eurozone zu vermeiden und die Finanzierungskosten für die angeschlagenen Südländer in Schach zu halten. Ein quasi Quantitive Easing in zunächst homöopathischem Ausmass, wobei dieses relativ schnell zu einer Zinskurvenkontrolle analog Japan führen könnte, sollte das Wachstum im Zuge einer Eskalation in der Ukraine und den Gaslieferungen aus Russland dramatisch abnehmen. Dies im Gegensatz zur SNB, welche diesen Monat die Zinsen überraschend um 0.50 Prozentpunkte anhob. Die Erwartung der Marktteilnehmer war, dass die SNB erneut der EZB den Vortritt für geldpolitische Schritte gewährt. Die Fed ging im Kampf für ein tieferes Preisniveau entschlossen vor und erhöhte den Leitzins gar um 0.75 Prozentpunkte. Sie nimmt dabei eine Wachstumsbelastung und einen Anstieg der Arbeitslosenquote sehr bewusst in Kauf mit dem Ziel, das Gleichgewicht im Arbeitsmarkt wieder herzustellen sowie Angebot und Nachfrage wieder in Balance zu bringen. An der Entschlossenheit der Fed sollte auch für die kommenden Sitzungen nicht gezweifelt werden. In einem starken Kontrast hierzu steht die PBOC in China. Sie ergreift mit der Regierung abgestimmte Massnahmen, um dem Wachstumsabschwung mit lockerer Geldpolitik entgegenzuwirken. Gleichzeitig wurde die Fiskalpolitik in jüngster Zeit zunehmend gelockert. Die Zentralregierung hält an ihren Wachstumszielen fest und spricht konkret über Infrastrukturinvestitionen, um diese zu erreichen. China schlägt somit eine Brücke zwischen der Zero-Covid Politik und gleichzeitiger Wachstumsankurbelung bei verhältnismässig tiefer Inflationsrate. Die vorgestern veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes deuten denn auch auf eine Wachstumszunahme hin. Der Index des verarbeitenden Gewerbes stieg im Juni wieder auf ein expansives Niveau. Derjenige des Dienstleistungssektors (inklusive dem Bausektor) stieg gar auf 54.7, das höchste Niveau seit über einem Jahr. Der im Herbst bevorstehende 20. Parteikongress dürfte zudem neue wirtschaftliche Stützungsmassnahmen hervorbringen. Bis dahin ist mit weiteren gelpolitischen Lockerungsmassnahmen zu rechnen.

Aktienmärkte

Der Ausverkauf akzentuierte sich im Juni erneut. Der Weltaktienmarkt MSCI World verliert im Juni 9.1% in CHF. Europäische Indizes verzeichneten die grössten Verluste mit Rückschlägen zwischen -11% bis zu -15% in CHF oder -8% bis -13% in Lokalwährung. Der Inflationsdruck und der damit einhergehende Währungszerfall zeigt sich deutlich bei vereinzelten Schwellenländern wie dem Brasilianische IBOVESPA. Der Index verliert im Berichtsmonat -19.8% (-11.5% in BRL). Der SMI verliert im Juni -7.5%. In einem starken globalen Kontrast standen die chinesischen Leitbörsen, welche Kursgewinne zwischen +2.5% und +9.4% in CHF verbuchten. Weil das Umfeld auch für die kommende Zeit unsicher bleiben dürfte, muss weiterhin mit hohen Schwankungsbreiten gerechnet werden – insbesondere in Anbetracht nach wie vor hoher Gewinnerwartungen.

Zinsen

Wachstumssorgen und die damit einhergegangene Flucht in Sicherheit liess die Renditen zweijähriger deutscher Staatsanleihen um 25 Basispunkte auf 0.76% abstürzen – der stärkste Rückgang seit dem 17. März 2008. Gleichzeitig stiegen die Renditeaufschläge für EUR Investment Grade Anleihen auf über 2% und haben sich damit Krisenniveaus angenähert. Mit einer Ausnahme wurden derart hohe Risikoprämien bei den sichersten Unternehmensanleihen des Währungsblocks nur während der globalen Finanzkrise, der Staatsschuldenkrise im Euroraum und dem Ausbruch der Corona-Pandemie verzeichnet. Generell sind die Zinskurven sehr flach. Insbesondere in den USA zeigt die Kurve ab rund zwei Jahren eine starke Verflachung - ein Spiegelbild der unsicheren Wachstumsaussichten.

 

Währungen / Rohstoffe

Der überraschende Zinserhöhungsschritt der SNB liess den CHF gegenüber den wichtigsten Währungen erstarken. Der EURCHF Wechselkurs unterschritt am 29. Juni sogar die Parität. Der handelsgewichtete USD Index DXY verhält sich auf Monatssicht stabil gegenüber den schwachen Währungen der Handelspartner wie beispielswiese EUR, GBP oder JPY. Der unsichere Wirtschaftsausblick schlug sich auch auf die Rohstoffpreise nieder. Mit der Ausnahme von Energie fielen die meisten Industriemetalle und Agrarrohstoffe auf das Preisniveau vom Februar zurück oder unterschritten diese teilweise gar.

Ausblick

Eine Gewinnrezession ist aus unserer Sicht ein wahrscheinliches Szenario. Insgesamt sind die Stagflationsrisiken gestiegen. Der Wachstumsausblick dürfte massgeblich von der Inflationsentwicklung, der Gaskrise in Europa und der Geldpolitik (insbesondere derjenigen der Fed) abhängig sein. Schafft es die US-Notenbank eine Wachstumsabschwächung herbeizuführen, ohne eine nachhaltige Rezession auszulösen, dürfte die US-Wirtschaft bedeutend stabiler aufgestellt sein im Vergleich zu Europa. Der Pfad für Europa ist ungleich ungewiss, weil ein schwelender Gasnotstand weite Teile der Wirtschaft lahmlegen und die Privathaushalte deutlich belasten könnte. Diese Risiken müssen die Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder sowie die Geldpolitik der EZB mit sehr gezielten Massnahmen entgegenwirken. Eine schwierige Aufgabe, welche den alten Kontinent wohl noch eine Weile beschäftigen dürfte. Weit optimistischer sind wir für Aktien aus China aufgrund tiefer Bewertungen und einer potentiellen Wachstumsstabilisierung in den kommenden Monaten. Das Umfeld wird weiterhin von den Themen Inflation, Zinserhöhungen, Lieferketten und Lagerbestände dominiert bleiben, weshalb auch zukünftig mit erhöhten Portfolioschwankungen zu rechnen ist. In unserer Anlagepolitik haben wir Massnahmen ergriffen um dem entgegen zu wirken und haben die Vermögensallokation defensiver und robuster aufgestellt. Dabei halten wir an einer untergewichteten Aktienquote fest.

 

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