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Allgemein

Die Finanzmärkte tasten sich weiter entlang der Makrodaten voran und litten unter Verlusten. Die Europäischen Märkte haben derzeit die unteren Unterstützungen (Trading Ranges) aufgegeben. Die US-Inflation ist im August erstmals seit Februar wieder gestiegen und lag im Kern gar leicht höher als erwartet (+0.3% vs. +0.2%). Die Transportpreise sorgten für Aufwärtsdruck und der erneut starke Anstieg der Energiepreise verliert aufgrund des Basiseffekts seine inflationshemmende Wirkung - die Energiepreise sind seit Mitte Jahr zwischen 20-40% angestiegen. Eine Trendwende des Aufwärtsdrucks beim Öl- und Gas ist derweil nicht in Sicht. OPEC+ Nationen haben die Produktion gedrosselt und sind offensichtlich nicht an tieferen Preisen interessiert. Seit dem Ukrainekrieg warten zudem viele Notreserven nach wie vor darauf, wieder gefüllt zu werden. Trotz den Netto-Null Bemühungen ist es ein langer Weg, von den günstigen fossilen Energieträgern unabhängig zu werden. Die Abhängigkeit zu dieser Form der Energie in der Welt ist enorm, und die Nachfrage dürfte insbesondere mit steigendem Wohlstand in den Entwicklungsländern weiter steigen (siehe FOKUS). Die US-Notenbank FED hat die Zinsen wie erwartet nicht erhöht. Die Botschaft, dass die Zinsen für längere Zeit hoch bleiben werden, damit sich die Inflation in Richtung der anvisierten 2% bewegt, war jedoch eindeutig. Die Zinsprognosen der FED signalisieren zudem eine potenzielle Zinserhöhung im November. Überraschend wurde die Wirtschaftsprognose für das Jahr 2024 erhöht. Die Notenbank rechnet anhand der Prognosen mit einem Softlanding – ein Szenario, das aktuell Hochkonjunktur hat: Umfragewerte oder Google-Suchen nach dem Begriff sind so hoch wie nie. In der Schweiz hat die SNB den Leitzins überraschend unverändert belassen, was den Franken deutlich geschwächt hat. Die Mehrzahl der Ökonomen haben eine Erhöhung um 0.25%-Punkte erwartet. SNB-Präsident Thomas Jordan betonte jedoch, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht beendet ist und im Dezember nochmal geprüft wird, ob eine weitere Straffung der Geldpolitik nötig sei. Die Inflation in der Schweiz liegt derzeit bei 1.6% und damit im Zielband der SNB von 0 bis 2%. Steigende Mieten und Energiepreise könnten die Inflation jedoch erneut beflügeln. Ähnlich überraschend hat die Bank of England (BOE) wegen nachlassendem Preisdruck von einer weiteren Zinserhöhung abgesehen. Im Euroraum werden derweil die Stagflationsrisiken offensichtlicher und mit dieser Angst erhöhte die EZB den Leitzins zum zehnten Mal in Folge um 0.25% auf 4%. Der Zinsgipfel sollte damit aber auch bei der europäischen Zentralbank inzwischen erreicht sein. Die neuesten Daten zur Inflation aus Deutschland gaben etwas Erleichterung. Insgesamt notieren aber die Preise nach wie vor unangenehm hoch. Treibende Kräfte, sei es der Klimawandel und die zunehmende Deglobalisierung, dürften den Inflationsdruck auch in Zukunft stützen. Auch für die Schweizer Wirtschaft ist dies zunehmend eine Belastung, das reale BIP für das zweite Quartal lag bei 0%.

Aktienmärkte

Die weltweiten Aktienmärkte verloren im September zwischen 2-5% in Lokalwährung und wurden so dem Ruf des saisonal schwachen Monats gerecht. Dank des sehr schwachen Schweizer Frankens lagen viele Märkte in CHF gerechnet weniger stark Minus. Insbesondere hoch war der Kontrast im USD-Markt - der starke USD federte die fallenden Aktienpreise auch für Schweizer Investoren ab (S&P 500 in CHF -1.4%). Die Erwartung an die Gewinnsaison des 3. Quartals ist nicht hoch. Es wird das vierte Quartal in Folge mit einem Gewinnrückgang in den USA gerechnet (-0.2%). Mit einem Horizont von 12 Monaten erwarten die Analysten im Schnitt jedoch höhere Kurse. Das durchschnittliche Kursziel im S&P 500 wird bei rund 5'150 Punkten gesehen, wobei dem Technologiesektor das grösste Potential zugerechnet wird. Nach wie vor ist es erstaunlich, wie wenig breit der US-Markt ist. Der gleichgewichtete US-Aktienmarkt (S&P 500 Equal Weight) liegt seit Jahresbeginn lediglich 2% im Plus und flirtete zeitweise mit der 0% Marke. Der Schweizer Aktienmarkt verliert im September rund knapp 1.5% und notiert damit vor Dividenden lediglich 2.2% im Plus im aktuellen Jahr.

Zinsen

Die schärfer als erwartete Rhetorik von Notenbankchef Jerome Powell hat den Anleihenmarkt regelrecht in Panik versetzt. Renditen für 10-jährige Staatsanleihen erreichten Niveaus wie letztes Mal 2007. Die Zinskurve löste sich damit etwas von der tiefen Inversion. Eine Versteilerung der Kurve über den Ausverkauf langfristiger Anleihen wird in der Regel so gedeutet, dass die Inflationserwartung steigt und damit allenfalls auch weitere Zinserhöhungen antizipiert werden. Anleger verlangen so eine positivere Realverzinsung als Entschädigung für das Halten von Staatsanleihen (derzeit rund 2% nach Abzug der Inflationserwartung), was im Kontext der erneut gestiegenen Energiepreise sowie dem «Soft-Landing-Mantra» zu betrachten ist. Weitere Faktoren, die Staatsanleihen unattraktiv erscheinen lassen, ist die bereits im letzten Kommentar erwähnte spendable US-Regierung. Diese äufnet Defizite, die normalerweise nur im Kriegs- oder Rezessionszustand zu beobachten wären. Bei den Positionierungen lassen sich derzeit rekordhohe Shortpositionen von Hedge Funds beobachten und im Gegenzug erhöhen die Vermögensverwalter die Investitionen in Anleihen auch in einem selten gesehenen Ausmass. Die globalen Anleihenmärkte sind somit auf dem Weg, das dritte negative Jahr zu verbuchen, nachdem das Jahr 2022 bereits das schlimmste Anlagejahr für Obligationenanleger überhaupt war, auch unter Betrachtung von 250 Jahren Historie. Zwei aufeinanderfolgende negative Anlagejahre sind bereits in der jüngeren Geschichte (seit 1973) Neuland für den Anleihenmarkt, nun kommt möglicherweise ein Drittes hinzu. Als Investor hat man im breiten US-Anleihenmarkt in den letzten 7 Jahren inklusive Coupons kein Geld verdient, und das ohne Berücksichtigung der Inflationsrate über diesen Zeitraum. Unter der Oberfläche steigen die Unternehmenskonkurse in den USA an. Der 4-wöchige gleitende Durchschnitt der Bankrotterklärungen hat in den USA Niveaus erreicht, welche nur 2008 oder 2020 festgestellt wurden. Auch der japanische Anleihenmarkt war nicht immun – im dritten Quartal verbuchte dieser ein Verlust von 3%, eines der grössten Verlustquartale seit 1998, und zwang die Bank of Japan erneut zur Intervention.

Währungen & Rohstoffe

Der Ölpreis gewann fast 30% im vergangenen Quartal. Geholfen haben massive Kürzungen der OPEC+. Die durch die OPEC+ bekannt gegebenen Kürzungen sind die höchsten ausserhalb einer Rezession. Sicher hilft es dem aktuellen Amtsinhaber in den USA nicht, wenn die Wähler an der Zapfsäule die erhöhten Kosten tragen müssen. Der USD war auf breiter Basis stark und gewann gegen alle Währungen.

Ausblick

Vermehrt tauchen Zeichen auf, welche die rezessive Erwartungshaltung zu bestätigen scheinen. Der Konsens der «sanften Landung» ist überwältigend und wo immer eine hohe Einstimmigkeit herrscht, ist oft Vorsicht geboten. Dies gilt erst recht in einer Zeit, wo sich die Gewinnrenditen der Aktienmärkte in engem Konkurrenzkampf mit den «risikolosen» Renditen der Staatsanleihen befinden. Die hohe Staatsverschuldung und mangelnde fiskalische Disziplin scheinen vermehrt für Beunruhigung zu sorgen, was sich unter anderem in steigenden Anleihen Renditen bemerkbar machte. Im September ist der Risikoaufschlag zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen wieder über 2% auf das höchste Niveau seit März geklettert. Steigende Energiepreise und fallende Wachstumserwartungen schüren erneut Stagflationsängste. Wir erwarten, dass die Volatilität am Anleihenmarkt noch etwas anhalten dürfte und entsprechend für Verunsicherung bei den Anlegern sorgen wird. Die nachhinkenden Effekte der geldpolitischen Straffung dürften sich nach und nach zeigen. Sinnbildlich dafür sind steigenden Zahlungsverzüge bei den privaten Kreditkartenschulden oder die Schwäche in den Bankaktien (KBW Bank TR Index -20% für das laufende Jahr), wie auch die breite Arbeitslosenquote U-6 in den USA. Dies sind bekannte Mahnmale für den mittelfristigen Verlauf. Wir bleiben aufgrund unserer strategisch vorsichtigen Einschätzung defensiv ausgerichtet.

 

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