Die Finanzmärkte erholten sich von den Ängsten vor der neuen COVID-19 Variante Omikron im Dezember wieder deutlich, obwohl die US-Notenbank bereits auf eine schnellere Reduktion der Anleihenkäufe drängt und dies anlässlich ihrer letzten Tagung des Jahres auch deutlich kommuniziert hat. Die Märkte erwarten bereits bis zu drei Zinsschritte im nächsten Jahr, was andererseits aber auch Platz für «dovishe» Überraschungen bietet, sofern sich die Inflations- und Wachstumserwartungen nicht wie von den Zentralbanken erwartet entwickeln. Die angeschlagenen Lieferketten haben allen Befürchtungen zum Trotz, den Weihnachtsansturm überstanden, sogar im vom BREXIT geschädigten Vereinigten Königreich. Dazu kommt, dass die Frachtraten sowie Rohstoffpreise seit den Höchstständen wieder deutlich nachgelassen haben. Die letzteren Faktoren dürften den Zentralbanken mehr Zeit geben, ihre Politik zu normalisieren aber womöglich nicht im jüngst kommunizierten Tempo - Ein erheblicher Teil der Inflationsdynamik dürfte vorübergehender Natur sein. Nichtsdestotrotz, der absolute Rückzug der in den letzten zwei Jahren eingesetzten, teils beispielslosen Stimulierungsmassnahmen (Fiskal- und Geldpolitik) werden uns im neuen Jahr 2022 beschäftigen und für zusätzliche Volatilität an den Märkten sorgen. Dies, obwohl die Finanzkonditionen insgesamt locker bleiben dürften. Es wird die marginale Rate der Veränderung sein, welche Beachtung finden wird. Ansonsten gab vor allem der Truppenaufmarsch der Russen an der Grenze zur Ukraine zu reden. Diesbezüglich ist zur Deeskalation ein Treffen zwischen den USA und Russland für den 10. Januar angesetzt worden.
Der Dezember war geprägt von starken Gewinnen auf breiter Front. Nachdem die Stimmung der Investoren im November auf Panik hinwies, drehte sich diese wiederum deutlich und bescherte Kursgewinne zwischen 4-6% auf den Hauptindizes. Schlusslicht bildeten einmal mehr die chinesischen bzw. der Hang Seng in Hong Kong, welcher -0.33% nachgab. Auch auf Jahressicht sind es die Entwicklungsländer, welche die einsame Rolle der Verlierermärkte in einem sonst außerordentlich synchronen globalen Aktienjahr einnehmen (siehe FOKUS). Auch wenn auf der Oberfläche nach einem sehr starken Aktienjahr in den USA der Anschein einer Sorglosigkeit entsteht, so bleiben die ersten unschönen Risse in der Marktstruktur erhalten – trotz des neuen Allzeithochs im S&P500, notieren nur knapp 52% aller an der New Yorker Börse gehandelten Aktien über dem 200-Tagesdurchschnitt. Wie schon im letzten Marktkommentar angesprochen, sind einige sehr teure Segmente des US-Aktienmarktes in einem Abwärtstrend – was mittelfristig für den Gesamtmarkt als Warnsignal wahrgenommen werden soll.
Die Renditen an den Kapitalmärkten haben sich im Dezember wiederum kaum verändert. Auch wenn die Zinsen weltweit in diesem Jahr gestiegen sind, so muss man gleichzeitig nüchtern feststellen, dass beispielsweise die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen deutlich unter den Jahreshöchstständen notieren. Der Kapitalmarkt zweifelt damit an einer nachhaltig höheren Inflation. Der Zinsmarkt impliziert mit einer sich jüngst stark verflachenden Zinskurve die Erwartung an einen eher kurzen Wirtschaftsaufschwung, welcher durch die Notenbank gefährdet wird.
Die Rohstoffe waren die grossen Gewinner im Jahr 2021. Der Energiebereich wertete zwischen 50-60% auf und die wichtigsten Industriemetalle gewannen zwischen 20-40% (siehe FOKUS). Entgegen dem Konsens stieg der USD weiter an (zum CHF +3.1%). Zu den Verlierern des Jahres zählte der Yen (-7.5%), die Schwedische Krone (-6.3%) sowie der Euro (-4.1%).
Nach einem weltweit sehr guten Aktienjahr stufen wir die Erwartungen an weitere Kursgewinne bei den Realwerten etwas zurück. Zwar bleibt das konjunkturelle Umfeld mit erwartetem Wirtschaftswachstum zwischen 3-4% weiterhin konstruktiv für Aktienanlagen. Dies steht aber im Kontrast mit den anfangs erwähnten Kürzungen der Stimuli seitens Geld- und Fiskalpolitik. Angesichts der historisch hohen Bewertungen muss dies weiterhin sehr behutsam erfolgen. Im Hinblick auf unser taktisches Aktienübergewicht, welches wir auf Basis der schlechten Investorenstimmung, der positiven Saisonalität sowie der nach wie vor relativen Attraktivität (Alternativlosigkeit) begründen, werden wir die aktuelle Positionierung laufend hinterfragen. Die erwähnten Warnindikatoren auf der Zinsfront (weitere Verflachung oder gar Invertierung der Zinskurve oder starker Anstieg der Inflationserwartungen), die Investorenstimmung sowie die Marktstruktur sind derzeit noch zu wenig extrem, um eine vorsichtigere Positionierung einzugehen.