Die Märkte blieben im November positiv gestimmt. Das zentrale Narrativ richtet sich denn auch auf eine langsamere Gangart der weltweiten Straffung der Geldpolitik dank nachlassender Inflationsraten. Zwar blieben auch im November die veröffentlichten Inflationswerte auf erstaunlich hohen Levels, jedoch hat das Momentum abgenommen. In den USA lag die Teuerung im Oktober bei 7.7% anstelle der erwarteten 7.9%. Die vom FED präferierte Kerninflationsrate stieg jedoch mehr als erwartet. Auch in Europa gab es positive Überraschungen auf hohem Niveau – in Deutschland lag die Inflation mit 10% und Spanien 6.8% in beiden Fällen deutlich unter Erwartung. Dies unterstützte die Finanzmärkte bei der weiteren Erholung. Nicht nur die Inflationsdaten vermochten die zuvor pessimistische Stimmung zu kippen, sondern auch die Wachstumszahlen – das deutsche BIP wuchs beispielsweise mit 1.2% deutlicher stärker als erwartet. Aber auch in den USA ist der Konsum und die Wirtschaftsaktivität nach wie vor robust (annualisiertes US BIP +2.9% im dritten Quartal). Die von den Zentralbanken initiierte Straffungsrunde haben demnach bisher noch keine signifikante Abschwächung der globalen Weltwirtschaft herbeigeführt. Betrachtet man jedoch diverse Frühindikatoren, so stimmen diese nach wie vor sehr vorsichtig. Zwar ist das Konsumentenvertrauen immer noch robust, jedoch zeichnen auf der anderen Seite die Einkaufsmanagerumfragen ein wenig erbauliches Wirtschaftsbild für die kommenden Monate – der S&P Global US Manufacturing PMI fiel im November auf 47.6, den tiefsten Wert seit der Pandemie und deutet damit auf eine Kontraktion des Wirtschaftswachstums in den kommenden Monaten hin. Der US-Konsument dürfte ferner die in der Pandemie angehäuften Ersparnisse langsam ausgeschöpft haben und ebenso unter dem Druck der höheren Zinsen nicht mehr die gleiche Stütze für die US-Wirtschaft sein, wie in den letzten Quartalen. Auch beginnt vermutlich mit den höheren Zinsen ein Umdenken bei den Menschen, hinsichtlich der Höhe der zukünftig vertretbaren Verschuldung, sei es privat, wie auf staatlicher Ebene (siehe FOKUS). Die US-Notenbank wird daher auf einen langsameren Straffungskurs übergehen und im Dezember mit aller Wahrscheinlichkeit die Zinsen nochmal um 50 Basispunkte anheben, nachdem an den letzten vier Sitzungen der Leitzins jeweils um happige 75 Basispunkte erhöht wurde. Der Markt erwartet den Höhepunkt des rekordschnellen Zinsstraffungszyklus im Juni des nächsten Jahres 2023. Eine derart aggressive Zinspolitik wird zu einer Abschwächung der Weltwirtschaft führen und Bremsspuren nach sich ziehen. Am Kryptomarkt sorgte die Insolvenz einer der bisher wichtigsten Handelsplattformen «FTX» für Aufsehen. Die Verwerfungen am Kryptomarkt waren begrenzt: Der gesamte Krypto-Markt und das Ausmass des Engagements der institutionellen Investoren dürfte zu klein sein, um gesamtwirtschaftliche Konsequenzen nach sich zu ziehen. Nach den neusten Verwerfungen liegt der Marktwert der Kryptoanlagen noch bei rund 760 Mia. USD (in der Spitze waren es 2.8 Bio. USD). Dieser Wert wirkt im Kontrast zum 12 Bio. USD im Goldmarkt, 36 Bio. USD-Marktkapitalisierung des S&P500 oder 326 Bio. USD im globalen Immobilienmarkt sehr klein. An den US Zwischenwahlen vermochten die Republikaner nicht die erwartete grosse Mehrheit erzielen. Der Senat bleibt überraschend, aber knapp in den Händen der Demokraten. Trotz Ausbleiben des erhofften Erdrutschsieges für die Grand old Party («GOP»), kündete Donald Trump den Eintritt in die nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 an.
Die Tagesveränderungen am Aktienmarkt waren einmal mehr atemberaubend. Nach der leichten Entspannung an der Inflationsfront legte der Nasdaq100 Index satte 7% zu und beendete den Monat +5.5% im Plus. Die im Vergleich tief bewerteten und zyklischeren Aktien in Europa schlossen deutlich höher (EuroStoxx50 +9.6%). Hier halfen die besser als erwarteten Konjunkturdaten sowie die Lockerung der chinesischen Geldpolitik. Chinesische Aktien bauten auf Hoffnungen zum Ende der COVID Restriktionen sowie stimulierender Geldpolitik der Zentralregierung und machten die Verluste der vergangenen zwei Monate mit einem Anstieg von über 26% im November nur knapp wieder wett. Der defensive SMI gewann 2.8%. Mittlerweile deutet denn auch das Investorensentiment eher auf eine zu ausgelassene Stimmung hin. Umfragewerte und die Geldströme zeigen auf, dass nur noch wenige skeptisch gegenüber der jüngsten Erholung sind – dies obwohl die Gewinnrendite der US-Aktien praktisch gleichauf mit den Renditen der Staatsanleihen liegen. Wir bleiben hier im vorsichtigen Lager und erachten bis auf weiteres die jüngste Erholung als nicht nachhaltig.
Nachdem sich die Inflation in Europa erstmals seit 1.5 Jahren verlangsamt hat, besteht Hoffnung, dass die EZB im Kampf gegen die Teuerung die Oberhand haben könnte. Auch wenn dies nur ein erster Datenpunkt ist, so sorgt es sicherlich für Erleichterung im EZB-Rat, welcher die Inflation konstant und massiv unterschätzt hat. Wie erwähnt hat auch die FED ein wenig Rückenwind von den Inflationsdaten und dürfte die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen langsam drosseln. Nichtsdestotrotz, die Zinsen bleiben relativ zur Bewertung der Aktien erhöht und die relative Attraktivität hat sich mit dieser Adjustierung in den USA vor allem zu Gunsten der Anleihen verbessert.
Der USD war die schwächste G10 Währung überhaupt. Gegen den CHF verlor dieser über 5%. Nachdem die hohen eingepreisten Zinserwartungen mit der tieferen Inflation adjustiert wurden und auch Powell betonte, dass kleinere Schritte angebracht sind. Gold, Silber, Kupfer und Aluminium waren allesamt sehr stark. Der Preis für Öl jedoch kam wegen Nachfragesorgen um rund 5.5% zurück.
Es bleiben nur noch wenige Handelstage für das wiederum sehr ereignisreiche Jahr 2022 übrig. Wir glauben, dass wir zwar eher einen ruhigen Ausklang an den Finanzmärkten erleben werden, jedoch finden wir zumindest bei den Aktien wenig interessante Gelegenheiten nach der erfolgten Erholung. Die Märkte spiegeln das lauernde Rezessionsrisiko nicht ab und fokussieren sich zurzeit zu einseitig auf die nur leicht abgeflachte Inflation während auch die Analysten die Gewinnerwartungen unseres Erachtens noch kaum an die veränderten Bedingungen angepasst haben. Es werden Revisionen der Gewinnerwartungen für das Jahr 2023 nach unten erfolgen müssen. Die Bewertungen der Aktienmärkte, sind vor allem in den USA in einem rezessiven Szenario gegenüber Anleihen höchst unattraktiv und somit anfällig auf eine erneute Korrektur. Bei den Anleihen waren wir hingegen in den letzten Wochen immer wieder am Primärmarkt aktiv und haben bei qualitativ hochwertigen Emissionen partizipiert. Damit haben wir unser Engagement im festverzinslichen Bereich erhöht. Wo wir längerfristige Chancen orten, werden wir im nächsten Marktkommentar für den Dezember 2022 erläutern. Diesen finden Sie ab Januar wie gewohnt auf unserer Website. Wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und einen erfolgreichen Start ins neue, und wohl nicht weniger spannenden Jahr 2023.