Nach dem Weckruf in Form der strauchelnden Grossbank Dexia, beschloss die europäische Politik am
26. Oktober einen Fahrplan zur Erhöhung des Rettungsfonds, zur Rekapitalisierung der Banken sowie für einen Schuldenschnitt in Griechenland. Den Banken wurde deutlich entgegen gekommen. Ein Zwang zu sofortigen Kapitalerhöhungen entfällt, eine Kernkapitalquote von 9% muss erst bis Mitte 2012 erreicht werden, was für die meisten Banken mittels Gewinnrückbehalt und Bilanzkürzungen zu schaffen sein wird. Viele Anleger befürchten nun eine Kreditverknappung in Europa, einhergehend mit einer weiteren Abschwächung des Wirtschaftswachstums.
Auch die Wirtschaftsdynamik der BRIC-Staaten, die bereits 23% vom globalen Wirtschaftsausstoss ausmachen, stand im Fokus. China meldete fürs dritte Quartal ein BIP-Wachstum von 9.1% - ein Zweijahrestief. Den Wildwuchs im Parabankensystem und die damit verbundene weiter stark steigende Kreditvergabe konnte nun offensichtlich gebremst werden, was auch die seit August sinkenden Inflationsraten zeigen. Mit schwächelnden Exportmärkten und weiterem Aufwertungsdruck auf dem Yuan stellt sich für China nun die Frage, ob der Bereinigungsprozess des ineffizienten Stimulus-Programmes von 2009 fortgesetzt oder auf später vertagt werden soll, mit dem Risiko einer Blasenbildung am Häuser- und Kreditmarkt (siehe Fokus). Bereits jetzt macht die Summe aller ausstehenden Kredite (inkl. Parabankensystem) 195% des BIP aus (USA im Vergleich: 360%). Dass die BRIC-Staaten auf jeden Fall an Gewicht zulegen, zeigt schliesslich die Tatsache, dass sie als Käufer für unbeliebte europäische Staatsanleihen sehr begehrt sind.
Getrieben von der Einigung in Europa legten die meisten Märkte im Oktober zu. Der SMI gewann 3.6%. In China gewannen die Börsen ebenfalls rund 4.4% (CSI 300), liegen aber seit Jahresanfang nach wie vor deutlich im Minus (-14%). Die Volatilität sank auf 30% (VIX), wobei wir davon ausgehen, dass sie auch in den nächsten Monaten erhöht sein wird. Die Handelsvolumen lagen in der Schweiz rund 12% unter Vorjahr. Bei den Sektoren konnten vor allem Finanzwerte zulegen, sank doch die Unsicherheit bezüglich Abschreibungs- und Kapitalbedarf. In den USA überraschten erstaunlich viele Firmen mit positiven Quartalszahlen. Wir gehen davon aus, dass auch die M&A-Tätigkeiten wieder zunimmt, sobald die politische Unsicherheit weiter abnimmt und Firmen wieder klarer in die Zukunft blicken können. Vor dem Hintergrund nach wie vor sehr hoher Risikoprämien haben wir unsere Aktienquote im Oktober zum Teil erhöht.
Die CDS-Spreads der meisten südeuropäischen Staaten fielen im Oktober. Die Tatsache, dass Griechenland-Gläubiger einen Schuldenschnitt von 50% hinnehmen und dennoch keine CDS fällig werden, verunsichert viele Anleger. Womöglich bedeutet dies für den CDS-Markt einiger Staatsanleihen sogar den Untergang. Mit erhöhtem Risikoappetit und besser als erwarteten Makrodaten stiegen auch die langfristigen Euro- und Dollarzinsen wieder an. Auch in der Schweiz stiegen die Renditen 10-jähriger Eidgenossen wieder auf gut 1%, seit Jahresanfang liegt der Swiss Bond Index jedoch nach wie vor rund 4.3% im Plus. Die Emissionstätigkeit bei den Unternehmensanleihen blieb verhalten, viele Firmen sind bereits sehr liquide. Die FED schliesslich liess die Option eines weiteren QE nach wie vor offen.
Der Franken kam zum Monatsende hin wieder unter Druck, nachdem zuvor EUR/CHF-Kurse von über 1.24 erreicht wurden. Die SNB publizierte die Höhe ihrer Devisenreserven per Ende September, welche im Vergleich zum Vormonat um rund CHF 15 Mrd. anstiegen. Der Mindestkurs konnte somit mit relativ bescheidenem Einsatz erreicht werden. Die Geldmenge stiegt nochmals um rund CHF 90 Mrd. an, da die Notenbank einen Grossteil ihrer Schuldverschreibungen auslaufen liess. Der Dollar verlor gegenüber dem Euro rund 4% an Wert. Der Yen handelte zum Dollar zwischenzeitlich so hoch wie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr, sodass sich die Bank of Japan zu weiteren Interventionen gezwungen sah. China wertete den Yuan nur zögerlich auf. Mit Drohungen seitens der USA, Schutzzölle auf chinesische Waren einzuführen, bleibt der Druck auf China hoch, weiter aufzuwerten.
Während sich die Quartalsberichterstattung der Firmen im November zu Ende neigt, dürften folgende Themen das Geschehen dominieren: In Europa wird der Markt die Details zu den Beschlüssen vom
26. Oktober sehen wollen. Verzögerungen und Probleme bei der konkreten Umsetzung könnten nochmals für Volatilität sorgen. In den USA muss eine überparteiliche Kommission bis am 23. November Vorschläge zur Schuldenreduktion vorlegen, wobei sich hier noch kein Konsens abzeichnet. Positiv auf die Märkte könnte sich eine allfällige Ankündigung einer lockereren Fiskal- und Geldpolitik in China auswirken. Schliesslich dürfte die Sitzung der FED von Morgen mehr Aufschluss über ein mögliches QE 3 bringen. Die Chancen auf einen freundlichen Jahresausklang an den Börsen sind mit den Entwicklungen im Oktober gestiegen, die strukturellen Probleme der westlichen Welt, insbesondere der Eurozone, bleiben aber ungelöst.