Obwohl in den USA bisher über 80% der im S&P500 enthaltenen Unternehmen, die ihre Zahlen für das dritte Quartal bereits veröffentlicht haben (rund die Hälfte), mit ihren Ergebnissen positiv überraschen konnten, weisen die meisten der relevanten Aktienindizes für den Oktober eine negative Performance aus. Dies illustriert, dass die Investoren bezüglich Nachhaltigkeit dieser Ausweise skeptisch sind. Wie bereits im Vorquartal sind diese Zahlen im Wesentlichen auf Massnahmen auf der Kostenseite und auf den Lageraufbau zurückzuführen. Die Zukunftsprognosen fielen meist vorsichtig aus. Gemessen an den (tiefen) Erwartungen schnitten die Sektoren Telekommunikation, Industrie, Konsum (nicht-zyklisch), Grundstoffe und Industrie am besten ab.
Teilweise widersprüchliche Signale kamen im Monatsverlauf vom Arbeits- und vom Immobilienmarkt in den USA. Betrachtet man diese Datenreihen hingegen über mehrere Monate, so ist der seit Anfang 2009 zu beobachtende positive Trend noch immer intakt. Im Bereich der Einzelhandelsumsätze und der Konsumentenstimmung fielen die Daten leicht besser aus als erwartet. Das Gesamtbild hat sich aber nicht wesentlich verändert: die drohende Depression konnte abgewendet werden, unter den Folgen der Finanzkrise werden vor allem die Industrienationen jedoch noch einige Jahre zu leiden haben und wohl nur unterdurchschnittlich wachsen.
Aufgrund der zunehmenden Unsicherheiten haben die an den Aktienmärkten gehandelten Volumina gegen Monatsende wieder abgenommen, die Volatilität nahm aus dem selben Grund wieder stark zu (VIX stieg in den letzten Handelstagen des Monats von 22 auf über 30). Versicherungsgesellschaften bauen die Aktienquote zur Zeit nicht mehr aus, auch die Pensionskassen warten mit einer Erhöhung wieder eher zu. Nach wie vor schlecht ist die Stimmung in der Realwirtschaft, die Zahlen der entschädigten Kurzarbeitsstunden in der Schweiz beispielsweise sind auf Rekordniveau (viermal so hoch wie 2001). Ebenfalls Grund zur Sorge bieten die offiziellen Arbeitslosenzahlen in vielen EU-Ländern, allen voran Spanien (18%), Frankreich (9%), Deutschland (8.2%) und Italien (knapp 8%). Die Berechnungsweisen sind zwar von Land zu Land verschieden, der Trend ist jedoch nach wie vor negativ.
Nach einem positiven Start verloren die Indizes im weiteren Monatsverlauf aufgrund von Gewinnmitnahmen (u.a. bei Bank- und Versicherungswerten) wieder an Terrain. Finanztitel haben am stärksten korrigiert, weiteres Korrekturpotential ist in diesem Sektor vorhanden, da die Mehrheit der Investoren davon ausgeht, dass die ausgewiesenen Gewinne auf Sondereffekte (z.Bsp. Investmentbanking) zurückzuführen sind und nicht nachhaltig sein werden. In den USA geraten wegen Problemen mit Gewerbehypotheken zunehmend Lokal- und Regionalbanken unter Druck. Seit Ausbruch der Krise sind über 100 derartige Banken zusammengebrochen, aufgrund der längst fälligen Konsolidierung in diesem Sektor bisher ohne Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Verschiedene Kapitalerhöhungen bei kapitalmarktfähigen Instituten (Barclays, ING etc.) zeigen auf, dass die Bilanzen da und dort noch weiter gestärkt werden müssen.
Obwohl die meisten Aktienindizes im Gegensatz zu den Bonds noch immer rund 30% unter den Höchstständen von vor dem Ausbruch der Krise notieren, erscheinen Aktien nicht mehr unterbewertet. Im aktuell tiefen Zinsumfeld die Aktienmärkte nur nach dem Kurs-/Gewinn-Verhältnis zu beurteilen, ist aber gefährlich. Ein Vergleich der zu erwartenden Gewinnrendite für das nächste Quartal mit der risikolosen Anlage in Form von Staatsanleihen zeigt nämlich im historischen Vergleich eher überdurchschnittliche Risikoprämien.
Da wir davon ausgehen, dass das Wachstumsmomentum in Asien beibehalten werden kann, haben wir in dieser Region zu Lasten von Russland und von physischen Rohstoffen Exposure aufgebaut. Die grosse Herausforderung liegt insbesondere in China darin, die staatlichen Investitionen durch den Konsum ablösen zu können (s. Fokus).
Da trotz eines Ölpreises von zwischenzeitlich über USD 80/Barrel noch keine inflationären Tendenzen auszumachen sind, werden die kurzfristigen Zinsen über die nächsten Monate tief bleiben. Die Zinskurven sind in allen Währungen relativ steil und werden unter Umständen am langen Ende noch etwas steiler werden. Das FED lässt unverändert kaum Spielraum für verfrühte und unerwünscht starke Spekulationen über Zinserhöhungen zu. Staatsanleihen meiden wir unverändert, dagegen berücksichtigen wir Unternehmensanleihen mit kurzen Laufzeiten (Duration von max. 3-4). Obwohl die CDS-Spreads in allen Bereichen wieder auf dem Niveau von vor dem Ausbruch der Krise notieren, sind Emissionen nach wie vor sehr gefragt.
Der USD bleibt trotz einer Stabilisierung des Öl- und Goldpreises unter Druck und korreliert negativ zu den Aktienmärkten. Wie allgemein erwartet wird der USD vermehrt als Refinanzierungswährung für Carry-Trades eingesetzt. China scheint zudem seine Währungsreserven neu zu ordnen. Für die Refinanzierung des Defizites und als Unterstützung für den Export kommt den USA ein schwacher USD kurzfristig nicht ungelegen. Der Euro blieb aufgrund von anhaltenden Interventionen der SNB gegenüber dem CHF stabil, ebenfalls stabil notieren die „Rohstoffwährungen“. Wir bleiben bei unserer Strategie, vorwiegend in den jeweiligen Referenzwährungen investiert zu sein.
Die nächsten Tage sind für den weiteren Verlauf der Finanzmärkte bis zum Jahresende entscheidend. Sollten sie aufgrund von weiteren positiven Quartalsergebnissen zulegen, so werden viele Investoren ihre Aktienquote erhöhen müssen. Dies gilt auch für einige Vermögensverwaltungsbanken, die in den Kundenportfolios noch Cash-Positionen von bis zu 30% fahren. Sollten hingegen weitere Unternehmen (insbesondere Banken) ihre Bilanzen mit Kapitalerhöhungen zu stärken versuchen, so dürfte die Verunsicherung der Anleger weiter zunehmen. Unterschiedliche Interpretationen der Situation werden dann zu einem
Wiederanstieg der Volatilitäten führen. Experten versuchen, den Verlauf der Krise vorauszusagen („V“- bzw. “W“-Verlauf), eine mittelfristige Prognose erscheint uns schwierig. Wir gehen davon aus, dass wir die Folgen der Finanzkrise noch länger spüren werden, als uns dies die Märkte heute glauben machen wollen. Die weltweite Korrelation (Sektoren, regional etc.) wird weiter abnehmen, eine aktive Anlagestrategie wird somit zunehmend wichtiger. Wir werden wir in den nächsten Wochen Sektorrotationen vornehmen (Zykliker/Defensive), die Dividendenrendite wird an Bedeutung gewinnen.