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Allgemein

An den Finanzmärkten herrschte im Januar eine sehr gute Stimmung. Der Mix aus flauen Wirtschaftsdaten, dem überraschenden «Reopening» der chinesischen Wirtschaft und der Erwartung der Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank ihre aggressive Gangart bald beendet, gaben Auftrieb. Das US-Wirtschaftswachstum zeigte sich überraschend stark, zumindest an der Oberfläche. Der private Konsum, wichtigster Treiber des US-Wachstums, fiel jedoch weniger stark aus als erwartet. Auch der Wohnbau schwächte sich bereits das zweite Quartal in Folge ab und der Arbeitsmarkt verzeichnete im Dezember (auf hohem Niveau) tiefste Stellenwachstum in zwei Jahren. Gemäss Ökonomen deuten diese Entwicklungen auf ein erhöhtes Rezessionsrisiko. Das durchschnittliche Lohnwachstum verlangsamte sich zusätzlich und stützte Hoffnungen, dass die FED dieses Jahr weniger Zinserhöhungen durchsetzen muss. Die Bank of Canada (BoC) zählte sich zu den ersten Zentralbanken in diesem Jahr, welche nach der Zinserhöhung im Januar offenkundig mit dem Erhöhungszyklus pausieren will. Die Geldpolitik der USA und Kanadier sind eng verbandelt, so dass die FED wohl spätestens im Sommer den gleichen Weg gehen dürfte, um die Wirkung der strafferen Geldpolitik über die Zeit erstmal beurteilen zu können. Die Pausierung der Kanadier ist geknüpft an die Erwartung, dass die Inflation bis Mitte Jahr auf 3% zurückfällt. Das Risiko einer Lohnpreisspirale sei nun eingedämmt und es gäbe Anzeichen dafür, dass die Zinserhöhungen das Wachstum bremsen. Die FED hingegen wird die Markterwartung an Zinssenkungen in diesem Jahr sowie die lockeren Finanzkonditionen weiterhin kalibrieren müssen – letztere notieren wieder auf dem Stand vom Juni 2022. Dieser Umstand könnte die FED dazu veranlassen, den Leitzins für länger hochzuhalten, um die Markterwartung näher an den Pfad der kommunizierten Geldpolitik zu binden und die Preisentwicklung in Schach zu halten. Zu lockere Finanzierungsbedingungen sind der Notenbank ein Dorn im Auge, wenn es um die Glaubwürdigkeit im Kampf gegen die noch immer hohe Inflation geht. Dazu kommt, dass das «Reopening» Chinas den Preisdruck temporär global erhöhen dürfte (siehe Fokus). Die FED hat damit ein schwieriges Dilemma zu lösen: lockert sie die Geldpolitik zu früh, riskiert sie Zweitrundeneffekte, bleibt die FED restriktiv, so verschärft dies die bereits befürchtete Rezession. Die Inflation richtig einzuschätzen ist für die Geldhüter die oberste Priorität – das von Fed-Chef Jerome Powell bevorzugte Barometer, die PCE-Kerninflation ohne Mietkomponente, hat bisher eine weniger starke disinflationäre Dynamik gezeigt wie die vom Markt vielbeachteten CPI-Daten. Die Notenbank wird daher im Februar kaum bereits den Weg der Kanadier einschlagen und bekräftigen, dass die Zinsen für länger höher bleiben und die Inflation noch zu hoch ist.

Aktienmärkte

Dank der Öffnung der chinesischen Wirtschaft erlebten die europäischen Börsen einer der besten Jahresauftakte seit je. Der Schweizer SMI gewann 5%. In den USA waren die Gewinner für einmal vor allem im Technologiesegment zu finden. Der Nasdaq 100 konnte über 10% zulegen. Im Dezember 2022 verlor der Index hingegen gut 9%. Seit Jahresbeginn wurden im US-Technologiesektor bereits über 100‘000 Stellenkürzungen angekündigt, um die Überkapazitäten seit der Pandemie abzubauen – dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen. Die europäischen Aktien zeigten aufgrund Hoffnungen auf Covid-Lockerungen in China im Dezember bereits eine relative Stärke zum US-Markt. Bei den Sektoren führten Aktien aus den Bereichen zyklischer Konsum, Technologie, Kommunikation Grundstoffe und Immobilien die Gewinnerliste an.

Zinsen

Die Anleihenrenditen sind im Januar nochmal leicht gesunken. Die Struktur der US-Zinskurve ist heuer stärker negativ. Die Differenz zwischen den Renditen von 3 Monaten und 10 Jahren erreichte teilweise -130 Basispunkte und deutet seit Oktober bereits auf eine bevorstehende Rezession hin. Die relative Attraktivität von Anleihen gegenüber Aktien ist weiter gestiegen – vor allem in den USA ist die Differenz zwischen „risikoloser“ Rendite auf Staatsanleihen und der Gewinnrendite auf Aktien so tief wie letztmals vor der Finanzkrise (magere 1% je nach Laufzeit).

Währungen & Rohstoffe

Auch bei den Rohstoffpreisen zeigte sich die Umkehr in Chinas Null-Covid-Politik deutlich. Konjunktursensitive Metalle wie Kupfer, Nickel, Eisenerz und Aluminium stiegen stark an. Der Ölpreis hingegen gab um 3% nach. Der Preis für Gas korrigierte wegen milden Temperaturen (je nach Börse und Kontrakt) gar um bis zu happige 40%. Der australische Dollar war der grösste Gewinner im Januar – wegen der hohen Abhängigkeit zur chinesischen Wirtschaft, gewann dieser knapp 2% gegenüber dem Schweizer Franken. Der EUR kletterte zum Jahresstart wieder über die Parität zum Franken.

Ausblick

Die Öffnung der chinesischen Wirtschaft ist mittelfristig zwar positiv für die globalen Wachstumserwartungen, jedoch erschwert es die Aufgabe der Notenbanken in Europa und den USA, welche die Inflationsbekämpfung noch als Erfolg bezeichnen können. Die Ende Januar veröffentlichten deutlich höheren Inflationszahlen für Spanien zeigen, wie schwierig eine Prognose ist. Ferner gilt zu beachten, dass auch eine Pausierung des Leitzinsens bei gleichzeitig inverser Zinsstruktur in den USA historisch nicht zu steigenden Kursen geführt hat. Beachtet man zusätzlich, dass die chinesische Wirtschaft mittelfristig nach wie vor von starken Überkapazitäten im Immobilienmarkt und einer schnell alternden Bevölkerung geplagt wird, so erscheint der mittelfristige Ausblick einiges komplexer als dies die Aktienmärkte derzeit implizieren. Die Januarerholung markiert die Dritte Erholung im aktuellen Bärenzyklus seit 2022 und verleitet selbst Skeptiker dazu an eine einfache «Stabsübergabe» von Inflation zu Disinflation und minimalen realwirtschaftlichen Komplikationen zu glauben. Das scheint weiterhin eher unrealistisch angesichts der Historie. Wir behalten daher unsere vorsichtige Ausrichtung vorerst bei. Selektiv würden wir bei erneuter Schwäche in erster Linie günstiger bewertete Aktien ausserhalb der USA bevorzugen.

 

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