09 / 21

Allgemein

Der vergangene Monat stand ganz im Zeichen steigender Zinsen. Seit der US-Notenbanksitzung und der damit verbundenen Ankündigung des Taperings ab November kannten die Kapitalmarktrenditen weltweit nur noch einen Weg - und der war aufwärts. Unterstützend kam hinzu, dass die COVID-19 Fallzahlen weltweit wieder zu sinken begannen. Ängste um den chinesischen Immobilienentwickler Evergrande dominierten vor allem die asiatischen Märkte, klommen aber gegen Ende September deutlich ab. Eine breite Ansteckung, ausgehend vom anstehenden Bankrott von Evergrande, wird derzeit vom Markt nicht impliziert (siehe Fokus). Chinas Regierung dürfte das Problem wie immer zentral koordiniert «lösen» - die Regierung will einen weiteren Moral Hazard unbedingt verhindern. Das Ziel der Regierung ist, die Spekulation im Immobilienmarkt zu drosseln. Dies wird vermutlich nicht schmerzfrei erreichbar sein und entsprechend ausgehend von China möglicherweise Bremsspuren im Wachstum regional wie global hinterlassen, abhängig davon wie stark die Zentralregierung die Wirtschaft gleichzeitig stimuliert. Fraglich bleibt, wie die Regierung stimuliert, wenn doch der Immobilienmarkt historisch das Mittel für die Stabilisierung des Wachstums war. Nach den Wahlen in Deutschland dürfte nach 16 Jahren der grossen Koalition unter der Ära Merkel eine Regierung mit einem Dreierbündnis zwischen SPD, Grüne und FDP wahrscheinlich sein. Aber auch andere Konstellationen ohne die SPD werden noch als möglich betrachtet, auch wenn es weniger wahrscheinlich ist, dass Union, Grüne und FDP sich einigen werden. Für die Märkte waren die Wahlen wenig richtungsweisend – im Vordergrund standen die Entwicklungen an der Zinsfront.

Aktienmärkte

Die globalen Aktienmärkte reagierten mit Abgaben auf die ansteigenden Zinsen. Schwer traf es defensive Schweizer Schwergewichte wie Nestlé, Novartis oder Roche. Aber auch höher bewertete Qualitätstitel litten stark unter den steigenden Zinsen. Der SMI verlor über 6% im September und reiht sich damit weltweit bei den Verlieren ein. Zyklischere Märkte wie der FTSE 100 oder der DAX (-3.6%) konnten sich besser behaupten. Beim DAX gab es im September noch eine Erweiterung von 30 Aktien auf neu 40 Aktien. Die Deutsche Börse hat diese Ausweitung nach der milliardenschweren Pleite der Wirecard eingeleitet und der darauffolgenden Inkludierung von Delivery Hero, welche seit Gründung im Jahr 2011 noch nie positive Zahlen geschrieben hat. Mit der Neuausrichtung sollten zukünftig keine Firmen mehr in den DAX aufgenommen werden, welche nicht mindestens zwei Jahre hintereinander ein positives EBITDA ausweisen konnten. Am positivsten entwickelte sich der japanische Nikkei225, welcher wegen anstehenden Neuwahlen in Japan 4.85% zulegen konnte. Trotz des Evergrande Debakels schaffte es die chinesische Festlandbörse CSI 300 ins Plus. Der Hang-Seng hingegen rutschte über 5% ab.

Zinsen

Die US-Notenbank überraschte die Märkte mit ihrem sportlichen Zeitplan zum Tapering. Insgesamt muss aber festgehalten werden, dass die Geldpolitik nach wie vor sehr expansiv bleiben wird. Die Bilanz des FED wird auch während der Taperingphase weiterhin wachsen. Andere Notenbanken rund um den Globus sind bereist fleissig mit der Drosselung der Geldpolitik beschäftigt – so hat beispielsweise die Norges Bank die Zinsen bereits von null auf 0.25% angehoben. Die Bank of England diskutiert ebenso eine Straffung des Leitzinses noch für dieses Jahr. Anleihen der Schweiz und Deutschland wiesen noch bis vor kurzem bei den 30-jährigen Laufzeiten negative Verfallsrenditen auf. Dies hat sich mit dem Zinsanstieg im September nun geändert.

Währungen / Rohstoffe

Öl und Flüssiggas waren im September nicht zu stoppen. Der Preis für ein Fass WTI Crude stieg zeitweise mehr als 11% an und der Gaspreis kletterte aufgrund der spürbaren Knappheit gar um 34%. Dies mag überraschen, da der Winter ja erst noch vor der Tür steht. Hinter dem Anstieg steht eine verstärkte Nachfrage aus Asien, insbesondere China, wo man die Kohlekraft substituieren will. Wegen der Trockenheit in Brasilien sah sich die Regierung ebenso genötigt, die Lücke der Wasserkraft über Erdgas zu füllen. Die Situation ist im Kontext mit der angelaufenen Transformation zur Dekarbonisierung der Wirtschaften zu sehen – da sich viele Staaten dem Nettonullziel verpflichtet haben, wurde auch nur noch spärlich in fossile Brennstoffe investiert, was das wenig flexible Angebot erklärt.

Ausblick

Die steigenden Zinsen sorgen derzeit für Verunsicherung und Rekalibrierung an den weltweiten Finanzmärkten. Wegen den hohen Bewertungen reagieren die Märkte bereits auf tiefem Zinsniveau sensibel auf die Normalisierung der Geldpolitik. Wir sehen ein Déjà-Vu zum Februar, als die Zinsen ebenso zu heftigen Rotationen zwischen Technologieaktien und Zyklischen Werten führten. Weiterhin gilt, dass sich die Anlegerstimmung durch verschiedenste Ereignisse (COVID und z.B. Evergrande) sehr pessimistisch zeigt und die Notenbanken sich trotz Drosselung der Anleihenkäufe nach wie vor expansiv verhalten. Mit den steigenden Energiepreisen wird die Inflation etwas hartnäckiger zurückkehren und eine Schlüsselrolle für die Aktienmärkte einnehmen. Solange die Teilnehmer nicht von einer stark «nachhaltigen» Inflation ausgehen, dürften in der laufenden Marktphase Aktien mit Betonung auf zyklische Werte immer noch interessant sein.

 

Fokus Marktdaten