Das Geschehen an den Finanzmärkten stand wieder im Zeichen von politischen Entscheidungen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht gab grünes Licht zum ESM und das niederländische Volk verhalf proeuropäischen Kräften zu einem klaren Wahlsieg. Auch als die US-Zentralbank die Lancierung der dritten quantitativen Lockerung (QE3) bekannt gab, reagierten die Finanzmärkte erwartungsgemäss positiv. Der Goldpreis und die Aktienkurse von Goldminengesellschaften profitierten noch weit stärker als die Aktienmärkte insgesamt (siehe IM FOKUS). Für Kopfschmerzen sorgten allerdings anhaltende Anzeichen einer deutlichen Wachstumsabschwächung in China sowie das weitere Auseinanderdriften der realwirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum. Einzig Deutschland konnte bei wichtigen Konjunkturindikatoren positiv überraschen. Frankreich hingegen enttäuschte und musste mit über 3 Mio. zudem die höchste Arbeitslosenzahl seit 1999 vermelden (die Arbeitslosenquote in der Eurozone lag mit 11.3% auch im Juli auf dem historischen Höchststand). Das BIP der Eurozone lag im 2. Quartal mit -0.5% im Rahmen der Erwartungen. Trotzdem stellt dies der erste Rückgang der Wirtschaftsleistung auf Jahresbasis seit Ende 2009 dar. Dies waren wohl auch die Gründe für den knapp 5% Rückgang der Ölpreise.
Obwohl die Erholung des Arbeitsmarktes nun bereits seit einem Jahr stockt und die BIP-Daten für das 2. Quartal auf 1.3% nach unten korrigiert wurden, hellte sich die US-Konjunkturlage insgesamt aber weiter leicht auf.
In Erwartung weiterer geldpolitischer Massnahmen im Anschluss an Jackson Hole waren die Finanzmärkte bereits nach Monatswechsel freundlich gestimmt. Die effektive Ankündigung des unbefristeten QE3 und wichtige Weichenstellungen bezüglich der Errichtung der Brandmauer für angeschlagene Eurostaaten verlängerten die starke Kursavance über die Monatsmitte. Die lauter werdenden Proteste in den Metropolen der Peripherieländer und der Wunsch nach Unabhängigkeit von Spaniens wirtschaftsstärkster Region Katalonien holten die Aktienmärkte in der letzten Septemberwoche aber zurück auf den harten Boden der Realität. Trotzdem waren die Aktienkursentwicklungen im September insgesamt versöhnlich und der Hauptteil der grossen Aktienmärkte konnte um knapp 1 bis 2% zulegen. Zudem sanken die impliziten Volatilitäten (VIX 18% auf 15%), welche als Barometer für die Marktnervosität dienen, im Monatsverlauf deutlich. Die Handelsvolumen lagen sowohl in der Schweiz als auch in den USA rund 30% unter den Vorjahreswerten. Die Entwicklung der einzelnen Sektoren war sehr unterschiedlich und in den USA kam es wie im Falle von FedEx vereinzelt zu Gewinnwarnungen.
Das Streben nach nationaler Selbstbestimmung Kataloniens erhöhte die Verunsicherung bei den Investoren und hinterliess auch am Anleihenmarkt deutliche Spuren. Die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen stiegen in der Folge zwar um rund einen halben Prozentpunkt an, liegen aber noch immer 1.6% unter den Ständen von Mitte Juli, was den jüngsten Anstieg etwas relativiert. Die steigende Nervosität im Bondmarkt sorgte in schwächerem Ausmass auch bei italienischen Staatspapieren für einen gewissen Verkaufsdruck. Die Renditen für den zehnjährigen Eidgenossen stiegen nur geringfügig von 0.47% auf 0.52% an. Wie angekündigt wird das FED monatlich bis USD 40 Mia. und ohne zeitliches Limit in hypothekarbasierte Anleihen investieren. Die Renditen der entsprechenden Anleihen sanken in der Folge bereits stark.
Es scheint, als ob der USD-schwächende Einfluss des neusten QE3 noch etwas schneller verpufft als beim Vorgänger. Der USD notiert zum CHF nur noch knapp 2% unter dem Stand bevor QE3 signalisiert und gar leicht über dem Stand als es vom FED effektiv verkündet wurde. Ähnlich verlief die Entwicklung des Greenbacks zum EUR. Draghi‘s Plan verhalf der SNB in ihren Anstrengungen zur Sicherung der Kursuntergrenze zu einer temporären Verschnaufpause. Ein deutlich verlangsamter Anstieg der Giroguthaben inländischer Banken bestätigt diese Einschätzung.
Das angekündigte Investitionsprogramm wird China den gewünschten Wachstumsschub verleihen. Um aber nachhaltig die Wachstumsziele erreichen zu können, führt mittelfristig kein Weg an einer massiven Stärkung des Binnenkonsums vorbei. Wann wird Spanien endlich das formelle Gesuch um Hilfe einreichen? Alleine die Zentralregierung muss 2013 Schulden im Umfang von EUR 155 Mia. refinanzieren. Der Ausgang der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen ist weiterhin ungewiss und der Wahlkampf wird zunehmend mit härteren Bandagen bestritten. Es bestehen also nach wie vor viele Gründe, um mit einem turbulenten Herbst zu rechnen. Ob sich die Finanz- und insbesondere die Aktienmärkte auch zukünftig nicht von den diversen Brandherden anstecken lassen, hängt massgeblich von der weiteren realwirtschaftlichen Entwicklung ab. Die nächste US Earnings Season startet bereits am 9. Oktober mit der Veröffentlichung der Quartalszahlen von Alcoa. Vor allem die Zukunftseinschätzungen der Unternehmen werden wichtige Hinweise auf die gesamtwirtschaftlichen Erwartungen liefern.