Das jüngste Treffen der Notenbanker in Jackson Hole, USA, brachte keine neuen Erkenntnisse zur Geldpolitik hervor. Die US-Notenbank FED wie auch die Europäische Zentralbank EZB gaben sich entschlossen im Kampf gegen die Inflation. Die Zinsen sollen notfalls für längere Zeit hoch bleiben, da das 2% Ziel vielerorts noch nicht erreicht ist. Richtig konkret wollte sich aber keiner der Exponenten äußern und so dürften die nächsten Entscheide sehr datenabhängig bleiben. Die Märkte erlebten bis zur Monatsmitte spürbare Verluste von 5-6%, die jedoch bis zum Ende des Monats nahezu wieder wettgemacht wurden. Die makroökonomischen Daten aus China zeigen nach wie vor kaum positiven Trends und deuten auf eine anhaltend schwache Konjunktur hin. Die fallenden Häuserpreise über zwei aufeinanderfolgende Monate verstärken diese Entwicklung und die chinesischen Behörden stimulieren eher zaghaft. Europa verzeichnet auch schwache Zahlen, insbesondere im Dienstleistungssektor. In den USA erreichten die Neuanträge für Hypotheken den niedrigsten Stand seit 1995, während die Zinssätze für 30-jährige Hypotheken mit 7.5% auf den Stand von 2000 anstiegen. Der US-Fiskalhaushalt ist aufgrund der COVID-Pandemie ungewöhnlich expansiv, obwohl weder eine Rezession noch Kriegszeiten vorherrschen. Besorgniserregend ist, dass über 14% der US-Steuereinnahmen für Zinsausgaben für Schulden aufgewendet werden – Tendenz steigend – und etwa 31% der Staatsanleihen innerhalb der nächsten 12 Monate fällig werden (siehe FOKUS). Die spendable Regierung könnte der Grund für einen verlängerten Zyklus sein.
Der August begann für die Aktienmärkte mit einer spürbaren Abwärtsbewegung, ausgelöst durch anhaltende Sorgen über die steigenden Zinsen. Diese Sorgen führten zu Verlusten von etwa 5-6% an den globalen Aktienmärkten. Im Verlauf des Monats drehte sich das Blatt jedoch nahezu vollständig um, als schwache Konjunkturdaten die Erwartungen einer Entspannung am Anleihenmarkt bekräftigten. Auslöser für die Beruhigung bei den Zinsen waren leicht schwächere Arbeitsmarktdaten aus den USA. Schwache Daten, obwohl mit solchen auch eine nahende Rezession wahrscheinlicher wird, werden von den Anlegern aktuell begrüsst. Marktakteure schliessen daraus, dass die Zinsen nach Erreichen von 15-Jahreshöchstständen nun nur noch begrenzt weiter steigen dürften und insbesondere die Zentralbanken das Ende des Erhöhungszyklus einläuten können. Auffällig sind weiterhin die außergewöhnlich niedrigen Aktienrisikoprämien im historischen Vergleich. Auch die Tatsache, dass die Dividendenrenditen im Verhältnis zu den 2-Jahres-Zinssätzen in den USA negativ sind (-3,3%), wirft Bedenken hinsichtlich einer möglichen Überbewertung des US-Aktienmarktes auf, auch wenn das Bild wegen den grosskapitalisierten Technologiewerten etwas verzerrt sein dürfte. Die Achillesferse des Marktes liegt daher klar bei einer Rückkehr der Inflation und eines unerwartet forscheren Vorgehens der US-Zentralbank.
Der Monatsbeginn brachte einen spürbaren Druck auf die globalen Staatsanleihen mit sich. 10-jährige US-Anleihen sprangen zeitweise auf über 4.3% an. Erst die enttäuschenden Arbeitsmarktdaten konnten den Verkauf von Anleihen eindämmen. Der Druck auf höhere Zinsen könnte bestehen bleiben, auch unter Anderem aufgrund der Refinanzierungsbedürfnisse des US-Schatzamtes in den kommenden 12 Monaten und den hohen laufenden US-Staatsausgaben. Die Anzahl der Kreditabstufungen durch die Ratingagenturen übertrifft seit dem vierten Quartal 2022 die Kredithochstufungen. Dies könnte auf die Auswirkungen der höheren Zinsen auf die Kreditqualität einzelner Schulden hinweisen. Insbesondere weil das Verhältnis der Downgrades zu den Upgrades seit Beginn der Leitzinserhöhungen nun ins positive drehte. Ebenso steigt die Anzahl der Konkursanträge in den USA seither deutlicher an.
Der US-Dollar stärkte sich erneut (+1% gegenüber dem CHF), während vor allem die Norwegische Krone schwächelte. Die fehlenden Impulse aus China führten zu Schwächen bei Industriemetallen wie Eisenerz, Aluminium und Kupfer, welche mit Verlusten zwischen 3-7% gehandelt wurden. Der Preis für Gold konnte sich zum USD über der wichtigen Unterstützung bei $1900/Unze behaupten.
Der Ausblick eröffnet ein Szenario, in dem Anleger auf eine perfekte Disinflation setzen. Diese Erwartungshaltung fußt auf der Vorstellung einer ausgewogenen Dynamik – eine perfekte Disinflation in Verbindung mit einem Arbeitsmarkt, der sowohl nicht übermäßig stark ist, um dieses Szenario zu gefährden, als auch nicht zu schwach, um tiefgreifende Rezessionsängste zu schüren. Diese Erwartungshaltung wird durch die bemerkenswert niedrigen Aktienrisikoprämien nochmals unterstrichen. Die aktuelle Bewertungsniveaus sollten jedoch nicht ignoriert werden, da sie als Mahnung dienen, die Realität der Märkte im Blick zu behalten. Ein weiterer Aspekt, der beachtet werden muss, ist das zweischneidige Schwert des chinesischen Wachstums. Chinas Behörden müssten vermutlich entschlossener Stimulieren um eine potentielle deflationäre Abwärtsspirale zu verhindern. Die Auswirkungen dieser Stimuli dürften derweil in höherem globalem Inflationsdruck münden. Ohne eine solide Stimulierung fehlt der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft ein bedeutender Wachstumsimpuls. Insgesamt zeichnet sich ein komplexes Bild ab, das die Balance zwischen Inflation, Wachstum und dem Rezessionsrisiko in den Mittelpunkt stellt. Das Zusammenspiel dieser Faktoren lässt uns weiterhin mit einer gewissen Zurückhaltung agieren. Historisch steht mit dem September der schwächste Börsenmonat bevor. Die Stimmung der Investoren hat sich mit dem jüngst volatilen Auf- und Ab jedoch wieder etwas abgekühlt.