Die im Juli vom Markt aufgebauten Hoffnungen auf eine baldige Trendwende der Geldpolitik sind im Berichtsmonat August bereits wieder verflogen. Anlässlich des Notenbankentreffens in Jackson Hole (WY, USA), erklärte Jerome Powell, dass die FED bei der Bekämpfung der Inflation keineswegs bereits am Ende angelangt sei. Weitere Zinsschritte, notfalls auch deutlich über die neutrale Rate (2.5%) seien durchaus möglich, um die Inflation zurück zum langfristigen Ziel zu bringen. Powell’s Rede war kurz, klar und deutlich aber auch wenig überraschend angesichts der Wirtschaftsdaten. Die FED ist somit bereit, die Geldpolitik für länger restriktiv zu halten und eine vorzeitige Lockerung steht derzeit nicht zur Diskussion. Als Lehre der 70er Jahre wurde erwähnt, dass es keine Zinssenkungen inmitten einer Rezession gibt, solange die Inflation deutlich über dem Ziel verharrt. Das war eine Absage an einen vom Markt erwarteten FED-Pivot (Umkehr der Geldpolitik hin zu Zinssenkungen) im nächsten Jahr. Die Aktienmärkte gaben daraufhin deutlich nach. Auch innerhalb des EZB Direktoriums werden die Stimmen, welche nach einer strafferen Geldpolitik rufen, immer wie lauter. Für die anstehende Zinsentscheidung der EZB erwartet der Markt aktuell eine Anhebung zwischen 50 und 75 Basispunkten. Die Inflationsdaten zeigen keine Anzeichen, welche nur schon eine Pausierung des geldpolitischen Straffungskurses erlauben würde. Zur Linderung der Energiekrise und Schonung der von der Inflation gebeutelten Bevölkerung diskutieren die Regierungen bereits eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas. Es ist erstaunlich, in welchem Ausmass die Staaten den selbstregulierenden Mechanismus des Marktes ausbremsen. Auch in den USA werden grosszügig Studentenkredite erlassen und Investitionsprogramme mit strategischem Hintergrund lanciert. In den USA beläuft sich dieser Fiskalinput bereits auf 2 Billionen USD. Viele Konjunkturdaten tendieren global südwärts. Finale Einkaufsmanagerindices deuten vielerorts auf eine Kontraktion der wirtschaftlichen Aktivität hin und bestätigen damit die seit langem invertierten US-Zinskurven. Auf der Seite der Geopolitik gab es keine erbaulichen Neuigkeiten. Der Besuch Nancy Pelosi’s in Taiwan sorgte für Säbelrasseln chinesischer Truppen im angrenzenden Gebiet. Die Lage in der Ukraine bleibt weiterhin sehr angespannt. Friedensgespräche sind in absehbarer Zeit keine zu erwarten.
Die Finanzmärkte gaben anfängliche, unter tiefen Volumen erzielte Monatsgewinne nach der Ansprache von Jerome Powell gänzlich preis und verloren deutlich an Terrain. Sogar der defensive SMI verlor fast 3%. Das von der Energiekrise gebeutelte Europa rutschte um über 5% ab. Der Ausverkauf hob teils über die Hälfte der Juli-Gewinne auf. Asiatische Aktien hielten sich stabil. Der Nikkei225 legte 1% zu und Hong-Kong büsste 1% ein. Der FTSE100 Index vermochte sich im globalen Vergleich seit Jahresbeginn gut behaupten. Der Index verlor zwar im August 2%, notiert aber dank seinem hohen Anteil an Energie- und Minengesellschaften seit Jahresbeginn lediglich 1% tiefer. Nach wie vor setzen sehr viele Spekulanten auf tiefere Aktienkurse, was sich an den Nettoshortpositionen der CBOE ablesen lässt. Die verkauften Kontrakte sind so hoch wie letztes Mal bei der großen Pandemie im Jahr 2020 (COVID-19-Crash, siehe FOKUS). In gesunden Bullenmärkten würden wir dies als Chance werten, im aktuellen Regime, wo die Zentralbanken dem Markt günstiges Geld entziehen, darf dieses Signal nicht missverstanden werden.
Die Zinsen stiegen weltweit wieder an. Interessant ist der Vergleich der marktbasierten Inflationserwartungen zwischen den USA und Europa (siehe FOKUS). Während die Inflationserwartungen in den USA (Breakevenrate 3%) für die nächsten 2 Jahre gut verankert scheinen, sind diese in Europa regelrecht aus dem Ruder gelaufen (Breakevenrate 7%). Wie eingangs erwähnt, scheint die EZB mit diesem Hintergrund aktiv zu werden, während sie gleichzeitig mannigfaltige Risiken für den Währungsraum zu balancieren versucht. Im September dürfte die Zentralbank daher auch einen im historischen Vergleich größeren Zinsschritt vollziehen.
Bei den Rohstoffen zeigte sich ein gemischtes Bild. Der Gaspreis setzte seinen Höhenflug fort und der Ölpreis korrigierte rund 9%. Edelmetalle waren ebenso schwach (Gold -3%, Silber -10%). Die Trockenheit begünstigte die Preise für gewisse Agrarrohstoffe (Mais +9%). Der USD tastete sich gegen die meisten Landeswährungen an seine Jahreshöchstwerte vor.
Die Märkte haben im August die von uns erwartete und im letzten Monatskommentar kommunizierte Rekalibrierung an die weiterhin restriktive Geldpolitik und dem negativeren Wachstumsausblick begonnen, nachdem im Juli eine Entkoppelung unter tiefen Volumen stattfand. Kurzfristig erwarten wir nachdem sehr schnellen Ausverkauf eine Stabilisierung, bevor die Finanzmärkte in den saisonal schwierigen Monaten die unteren Handelsspannen austesten dürften. Wir gehen davon aus, dass die Inflation weitere Tribute fordern könnte. Zu diesen gehören rückläufige Konsumentenausgaben und folglich tiefere Unternehmensgewinne welche schlussendlich in einer pessimistischen Investorenstimmung münden. Die westlichen Zentralbanken balancieren weiter zwischen Rezessions- und Inflationsrisiken und geben derzeit dem Ziel der Preisstabilität Vorrang. Dagegen sehen wir aber auch leichte Verbesserungen bei der Lieferkettenproblematik sowie Stimuli in China, welche das Bild etwas aufhellen. In der Summe erachten wir eine taktische Untergewichtung bei den Aktienrisiken damit weiterhin angebracht.