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Allgemein

Der Juni quittierte das erste Halbjahr meistenorts nochmals mit einer grundsätzlich freundlichen Note an den Finanzmärkten. Die Wirtschaftsdaten zeigten sich in den USA hauptsächlich robust im Gegensatz zu den übrigen Regionen. Der Kontrast fällt insbesondere gegenüber der zweitgrössten Volkswirtschaft China markant aus. Anhaltend schwache Wirtschaftsdaten haben die Peoples Bank of China (PBOC) zu einer Zinssenkung veranlasst. Die wirtschaftliche Dynamik nach der Wiedereröffnung war somit nur temporärer Natur und Chinas Regierung muss so nach neuen Rezepten suchen, um die von hohen Schulden und Deflation geplagte Wirtschaft wieder auf Trab zu bringen. Die frühere Lösung, die Wirtschaft über massive Investitionen in Infrastruktur und Immobilien zu stimulieren, war in der Vergangenheit die bewährte Methode, um Abhilfe zu schaffen. Wegen eines überschuldeten Systems und anhaltenden Überkapazitäten wird dieser Gangart nicht mehr viel Erfolg zugetraut und entsprechend Zurückhaltung geübt (siehe FOKUS). Die US-Notenbank FED hat hingegen erstmals seit Beginn des Erhöhungszyklus den Leitzins unverändert belassen. Gleichzeitig wurde jedoch kommuniziert, dass die Leitzinsen im späteren Verlauf des Jahres wegen anhaltend hoher Inflation und dem starken Arbeitsmarkt weiter steigen dürften. Auch die EZB ist weiterhin besorgt um die anhaltende Inflation und erhöhte die Zinsen erwartungsgemäss um weitere 25 Basispunkte auf 4% und signalisiert gleichzeitig einen weiteren Anstieg. Die Märkte preisen eine 80 prozentige Wahrscheinlichkeit ein für eine weitere Erhöhung um 50 Basispunkte bis zum Jahresende. Die Inflationsprognose wurde zudem erhöht. Teile von Europa haben anhand der neusten Daten bereits eine technische Rezession verzeichnet. Die Welt hielt zwischenzeitlich den Atem an, als Ende Juni die Wagner Gruppe den Aufstand in Russland probte. Über das Ausmass des Schadens an Putins System ist man nach westlicher Ansicht uneins. Putins Position hat sich doch über einige Jahrzehnte erstaunlich krisenresistent herausgestellt, sodass eine Verkündung des Endes dieses Systems verfrüht sein mag. 

Aktienmärkte

Der Schweizer Aktienmarkt schloss den Monat leicht höher (SPI +0.5%). Weiter Aufwind genossen die Themen um die künstliche Intelligenz und somit die Technologiebörse in den USA. Die europäischen Börsen schlossen nahe den Jahreshöchstständen (EuroStoxx 50 +4.3%). Wegen des anhaltend schwachen japanischen Yen genoss auch der Nikkei225 Auftrieb (+7.45%, jedoch lediglich 1.8% in CHF). Wie bereits in unserem Midmonth-Kommentar angetönt hat der Hype um KI («künstliche Intelligenz») die Nachrichtenlage in der Unternehmenswelt dominiert. Es vergeht praktisch keine Woche, in welcher sich nicht die eine oder andere Unternehmung zum Thema äussert. Die Marktkapitalisierung von NVIDIA, des führenden Anbieters von Rechenleistung für KI-basierte Anwendungen, hat die Billionengrenze bereits deutlich überschritten. Zusammen mit Apple, Microsoft, Amazon.com und Alphabet kommen diese fünf Schwergewichte im US-Markt auf eine Gewichtung von über 24% des S&P 500. Im technologielasten Nasdaq machen die 10 grössten Firmen über 60% der Kapitalisierung aus. Eine derart hohe Konzentration wird historisch am US-Markt nur selten beobachtet. Die Gewinner von diesem Jahr sind am US-Markt damit primär grosse Technologiewerte. Der Dow Jones Index notiert dieses Jahr lediglich +5% höher (Vergleich Nasdaq +39%).

Zinsen

Augenfällig waren hauptsächlich die Veränderungen der Zinsstruktur. Die Inversion der 10–2-jährigen US-Zinskurve nimmt historische Ausmasse an. Die Differenz zwischen den beiden Laufzeiten beträgt derzeit über 100 Basispunkte, was die Erwartung einer Rezession widerspiegelt. Auch in Grossbritannien invertierte sich die Zinskurve um historische 50 Basispunkte auf über 85 Punkte in nur einem Monat nachdem die Inflationszahlen weiterhin deutlich über Erwartung ausgefallen sind. Die höheren Zinsen schmälern die Aktienrisikoprämien und lassen vor allem Wachstumsmärkte wie den US Nasdaq relativ teuer dastehen. Insbesondere dann, wenn die Zinsen wegen der noch robusten US-Wirtschaft weiter steigen, was auch historisch grundsätzlich kaum positiv für die Aktienmärkte war.

Währungen & Rohstoffe

Wegen den schwachen Konjunkturdaten aus China und den damit einhergehenden Hoffnungen auf Stimulierungsmassnahmen gewannen die Eisenerz- und Stahlpreise. Edelmetalle litten unter den gestiegenen Zinsen. Energiepreise wie Öl- und Gas waren auch nachgefragt und relativierten die angehäuften Quartalsverluste. Der Preis für ein Fass Brent Öl verzeichnete das vierte Verlustquartal in Folge. Der japanische Yen fiel mit erneuter Schwäche auf. Die Bank of Japan bleibt die Ausnahme im weltweiten Zinsgefüge und hält weiterhin an den negativen Zinsen fest.

Ausblick

Angesichts der sich eintrübenden Vorlaufindikatoren in China und insbesondere auch in Europa halten wir an unserem vorsichtigen Ausblick fest. Wir müssen aber eingestehen, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung trotz Gegenwind von strengeren Kreditvergaben und höheren Inputkosten erstaunlich resilient gezeigt hat. Insbesondere die US-Konjunktur weist eine anhaltend höhere Dynamik im Vergleich zum Rest der Welt auf. Die inverse Zinsstrukturkurve mahnt dennoch weiterhin zur Vorsicht. Solange diese invertiert bleibt, widerspiegelt dies die anhaltende Wirtschaftsdynamik und deutet weiter darauf hin, dass eine kommende Rezession noch nicht unmittelbar bevorsteht. Das Verbrauchervertrauen in den USA untermauert diese Widerstandsfähigkeit mit dem höchsten Wert seit Anfang 2022 bisher. Unserer Ansicht nach widerspiegeln die Aktienmärkte mit der derzeitigen Bewertung jedoch die anhaltend guten Konditionen bereits. Die Stimmung und das Vertrauen verharren bereits an der oberen Bandbreite. Die tiefe implizite Volatilität reflektiert die Sorglosigkeit der Investoren nebst der bereits vielfach erwähnten mangelnden Marktbreite und goutiert die Risiken des Balanceakts zwischen einer tadellosen Disinflation, also eine abnehmende Inflation bei gleichzeitig anhaltendem Wachstum, zu wenig. Dies veranlasst uns, weiter behutsam positioniert zu bleiben, bis sich das volle Ausmass der üblicherweise verzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik zeigt und zu attraktiveren Chancen führen dürfte.

 

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