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Allgemein

Nachdem sich die Aktienmärkte im Juni angesichts der Tatsache, dass Europa vor vier Wochen nach Meinung der EZB nur äusserst knapp an einem Crash vorbei ging, lange erstaunlich stabil zeigten, kamen sie gegen Monatsende stark unter Druck. Gute Unternehmenszahlen und solide Bilanzen standen enttäuschenden Housing- und Arbeitsmarktdaten aus den USA, durchmischten Makro-Daten, Gerüchten um eine notwendig werdende Unterstützung Spaniens und anderen Bad News gegenüber. Die Meinungen über den weiteren Verlauf der Finanzmärkte fallen denn auch entsprechend kontrovers aus. Die entscheidende Frage ist, ob mit einer Deflation („Japanisierung“ Europas), oder aber mit einer Inflation gerechnet werden muss (s. Fokus).

Der anhaltende Boom beim Goldpreis, der neuerliche Liquiditätsengpass am Interbankenmarkt sowie die Flucht der Anleger in die Währungen USD, CHF und JPY sind Anzeichen einer Kapitulation vor den Schuldenbergen der Industriestaaten. Gold als Krisenwährung vermag vor Inflation und möglichen Staatsbankrotten zu schützen und notierte vorübergehend auf einem neuen Höchststand. Zudem haben die Notenbanken 2009 und 2010 erstmals wieder mehr Gold gekauft als verkauft.

Die Börsen in China haben aufgrund der Angst vor einer Immobilienkrise und vor Inflationstendenzen (wegen steigenden Löhnen und Lebensmittelpreisen) sowie wegen Befürchtungen über einen Wachstumseinbruch seit Jahresbeginn markant korrigiert (Hang-Seng -8%, Inland-Index -28.91%). Gegen Ende des Monats hat die chinesische Staatsbank eine Lockerung der Anbindung des Yuan an den USD angekündigt, ohne allerdings bezüglich Timing und Ausmass konkreter zu werden. Aus Sicht einer Dämpfung der Inflation wäre eine jährliche Aufwertung in der Grössenordnung von 5% sinnvoll. Eine IMF-Studie kommt zum Schluss, dass die chinesische Währung um mind. 20 Prozent unterbewertet ist, andere Quellen reden gar von bis zu 50%.

Aktien

Die momentane Situation an den Aktienmärkten ist widersprüchlich, was sich unter anderem an der wieder stark angestiegenen Volatilität zeigt. So notiert der VIX Ende Juni mehr oder weniger auf demselben Niveau wie zu Beginn des Monats (32 bzw. 34.50), hatte sich aber zwischenzeitlich auf unter 24 zurückgebildet. Die relevanten Aktienmärkte haben im Juni bis zu 5% verloren, die Verluste seit anfangs Jahr haben sich somit noch einmal deutlich vergrössert (SMI -6.38%, ESTOXX -13.21%, S&P -7.57%). Argumente für Aktienanlagen (neben tiefen Zinsen) sind ein Gewinn- und Umsatz-Wachstum auf Unternehmensebene (weiteres Potential vorhanden), fehlende Alternativen für Anleger sowie im historischen Vergleich betrachtet attraktive Bewertungen der Aktienmärkte.

Andererseits lassen sich auch Argumente gegen Aktienanlagen finden: Die aktuellen Probleme auf Staatsebene in Europa, die unverändert tiefen Volumen sowie die nach wie vor grosse Unsicherheit der Anleger. Entgegen unseren Einschätzungen haben die institutionellen Investoren ihre Aktienquote in den vergangenen Wochen nicht erhöht. Versicherungsgesellschaften in der Schweiz weisen fast durchwegs eine Aktienquote von unter 5% auf (nochmals halbiert in den vergangenen 4 Jahren) und auch die Mehrheit der Pensionskassen hält seit Jahren an ihrer durchschnittlichen Aktienquote von rund 1/3 fest. Auch wenn man die Performance der zyklischen Sektoren mit derjenigen der stabileren oder die Small- und Mid Caps mit den Large Caps vergleicht, lässt sich kein genereller Anstieg des Risikoappetites feststellen. Hingegen wird das ungebrochene Vertrauen der Anleger in eine weiterhin positive Entwicklung der Emerging Markets durch den massiven Kapitalzufluss von USD 16,3 Mia. seit Beginn des Jahres in Fonds zu diesem Thema illustriert. Im Verlaufe des Juni konnten die grössten Zuflüsse seit November 2009 verzeichnet werden. 

Bonds/Zinsen

Anlässlich seiner Sitzung gegen Ende Juni hat das FED beschlossen, mit Rücksicht auf das schwache Wirtschaftswachstum in Europa von einer Zinserhöhung abzusehen. Angesichts der finanziellen Verfassung der meisten anderen Industriestaaten ist im laufenden Jahr generell nicht mit Zinserhöhungen zu rechnen. Obwohl sich unser Zinsszenario im Vergleich mit den Indizes nicht ausbezahlt hat (Rendite der 10-jährigen Staatsanleihe der Schweiz liegt aktuell bei 1.45%), halten wir an unserer Duration von rund 3 fest, da ein Ende der tiefen Renditen absehbar ist. Auch Unternehmen aus der zweiten Reihe haben das aktuelle Zinsumfeld zum Anlass genommen, sich am Kapitalmarkt günstig zu refinanzieren. Diese Bondemissionen waren denn auch fast alle überzeichnet, inklusive der Staatsanleihen von Portugal und Spanien. Angesichts der Zinsaussichten erstaunt diese grosse Nachfrage seitens der Anleger, der hohe „Investitionszwang“ aufgrund der faktischen Nullverzinsung der Liquidität scheint aber nach wie vor zu überwiegen.

Währungen

Nach einer kurzen Verschnaufpause kam der CHF wieder unter erhöhten Aufwertungsdruck. Dies galt im Juni insbesondere für den Euro, welcher mit einem Stand von unter 1.32 gegen CHF vorübergehend auf einem neuen Allzeittief notierte, aber auch für den USD. Nachdem die SNB seit Mai Euro im Gegenwert von rund CHF 60 Mia. gekauft hat, hat sie ihre Interventionen gegen Ende Juni zurückgenommen. Gegen USD blieb der EUR auf tiefem Niveau relativ stabil (seit Nov 2009 ein Minus von 20%), wovon die Exportwirtschaft in Europa bereits deutlich profitieren konnte (z.Bsp. Automobilindustrie). Verschiedene Banken haben die entsprechenden Kaufkraftparitäten neu berechnet, insbesondere im Euro und im USD liegen sie gegenüber dem Schweizer Franken deutlich über den heutigen Kursen (EUR/CHF 1.40). Aufgrund des grossen politischen Einflusses sind Währungen nach wie vor schwierig einzuschätzen, insbesondere, wenn über die Wechselkurse Wirtschaftspolitik betrieben wird. Wir versuchen daher, wenn immer möglich in der entsprechenden Referenzwährung investiert zu sein. Die Absicherung der Fremdwährungen haben wir retrospektiv betrachtet zu zögerlich umgesetzt.

Ausblick

Angesichts der hohen Schuldenlast sind die Regierungen der betroffenen Länder momentan stark gefordert, die teilweise instabilen politischen Mehrheitsverhältnisse sind aber zusätzlich zum fehlenden Willen kein ausreichendes Fundament für die Sanierung der Staatsfinanzen. Bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass die Halbjahreszahlen der Unternehmungen enttäuschen werden, im Fokus werden sicherlich die Bankbilanzen sowie die Resultate der Stresstests der EU-Banken stehen (werden im Juli veröffentlich). Eine objektive Einschätzung der aktuellen Verfassung der Finanzmärkte wird durch verschiedene politische Einflussnahmen mittels Notrecht (z.Bsp. BP oder Steuererhöhungen für Banken und Minengesellschaften in Australien) erschwert.

 

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