Die jüngsten Handels- und Zollabkommen der US-Regierung haben den globalen Aktienmärkten vorübergehend Erleichterung gebracht. Es scheint gar, als wäre der Zollkrieg vollständig verdaut – zumindest, wenn man die Aktienmärkte als Gradmesser herbeizieht. Der DAX erreichte diesen Monat neue Höchststände und der S&P 500 sowie der Nasdaq 100 notieren nur wenige Prozentpunkte unterhalb der im Februar erreichten Allzeithöchststände. Die schlechten Umfragewerte in den USA zum aktuellen Umfeld und dem Ausblick von Unternehmen und Privathaushalten haben sich diesen Monat etwas verbessert. Die jüngsten US-Konjunkturdaten, welche bislang solide waren, schwächen sich hingegen ab. Der Konsum ist zurückgegangen und die Nachfrage nach Häusern ist im April stark eingebrochen. Der Güterimport der USA fiel auf Monatssicht satte 19.8% - ein historischer Einbruch welcher gänzlich dem Zollkrieg (Basiseffekt) zuzuschreiben ist. Es wird sich zeigen, ob diese negativen Impulse sich mehren und akzentuieren und inwiefern sich die Zölle auf die Preise, das Konsumverhalten, den Arbeitsmarkt und das globale Wachstum auswirken. Der amerikanische Detailhandelsgigant Walmart liess anlässlich seiner Quartalszahlen vor zwei Wochen verlauten, dass Preiserhöhungen nicht mehr lange vermieden werden können. Home Depot sowie auch der big-box Retailer Costco hingegen äusserten sich positiver. Beide Unternehmen telegraphieren, dass trotz Zöllen in diesem Jahr keine Preiserhöhungen erforderlich sein werden. Home Depot verspürt aber bereits, dass die Kundschaft grössere Projekte in die Zukunft verschiebt – ein Indiz, dass die hohen Finanzierungskosten das Konsumverhalten negativ beeinflussen bzw. der Konsum selektiver wird. Es ist davon auszugehen, dass das hohe Zinsniveau in den USA die Privathaushalte je länger, je stärker belasten dürfte. Die ansteigenden Renditen von US-Staatsanleihen (längere Laufzeiten) aufgrund der hohen und potenziell stark zunehmenden Staatsverschuldung verstärken den finanziellen Druck auf die Haushalte zusätzlich.
Nach einem ereignisreichen und turbulenten April erholten sich die Aktienkurse ausgeprägt schnell und die Schwankungsbreite hat wieder deutlich abgenommen. Nachdem eine überraschend schnelle Einigung im Handelsstreit zwischen China und USA erzielt wurde, hat sich das Sentiment schlagartig verbessert und die Aktienmärkte setzten zu deutlichen Kursprüngen an. Der S&P 500 Index legte im Mai über 6% zu und der Nasdaq 100 Index gut 9%. Seit Jahresbeginn notiert der der Nasdaq 100 mit gut 1% im Minus und auch der S&P 500 liegt mit 0.5% nur knapp im Plus - in CHF gerechnet handeln beide Indizes deutlich im Minus: -8.9% (S&P 500) und -10.3% (Nasdaq 100). Europäische Aktien konnten auf Monatssicht zulegen, wobei der SMI Index mit einem Plus von 0.91% (ohne Dividenden) zu den schwächsten Performern zählt. In Anbetracht der hohen Bewertungen und dem stagflationären Trend in den USA, halten wir unsere Teilabsicherungen auf US-Aktien aufrecht. Wir orten Chancen bei europäischen Aktien und halten unverändert eine hohe Allokation in Schweizer Aktien.
Der frivole Staatshaushalt der USA und die geplanten Steuererleichterungen lassen die Renditen von langen US-Staatsanleihen deutlich ansteigen und belasten den US-Dollar. 30-jährige Treasuries verzeichneten im Mai einen Renditeanstieg von fast einem halben Prozentpunkt und überstiegen im Monatsverlauf das Niveau von fünf Prozent. Aktuell notieren die Papiere wieder leicht darunter. Das Downgrading der Kreditwürdigkeit der USA von Moody’s war wohl überfällig aber ist nicht minder bezeichnend für den aktuellen Zustand des US-Fiskalhaushalts und dessen Verschlechterung in den bevorstehenden Jahren. Laut dem Congressional Budget Office wird die Netto-Staatsverschuldung in den USA von 98% des BIP im Jahr 2024 auf 149% des BIP im Jahr 2040 ansteigen, wenn die Steuersenkungen von 2017 dauerhaft gemacht werden. Die geplanten Steuersenkungen der Republikaner, die das Wachstum ankurbeln sollen, könnten also - wie eingangs thematisiert – genau das Gegenteil bewirken. Die Stagflationsrisiken in den USA sind inzwischen hoch. Die Aktienmärkte preisen den ökonomischen Bremseffekt von höheren Zinsen in den USA unseres Erachtens nicht ein. In Anbetracht hoher Bewertungen birgt das Kursrisiken. Der Anleihenmarkt reagiert deutlich sensibler und preist die erwähnten Risiken am ganz langen Ende der Zinskurve allmählich ein. Lange Laufzeiten bei US-Anleihen (>10 Jahre) sollten gemieden werden und Gold dient als willkommene Währungsdiversifikation. Der Ölpreis dürfte «strukturell» weiter unter Druck bleiben – die OPEC+ hat am vergangenen Samstag eine Erhöhung der Erdölproduktion beschlossen.
Die US-Konjunkturdynamik schwächt sich ab, und das Stagflationsrisiko in den USA steigt zusehends. Der Arbeitsmarkt zeigt rückläufige Trends, wie beispielsweise weniger neugeschaffene Stellen und ein abnehmendes Lohnwachstum. Gleichzeitig nimmt der finanzielle Druck auf die Privathaushalte bei einer tiefen Sparquote deutlich zu. Verschiedene Indikatoren zu finanziellem Stress zeigen bereits seit längerer Zeit ungünstige Entwicklungen. In Europa ist der Ausblick für das Gewinn- und Umsatzwachstum der Unternehmen nicht berauschend und generell bleibt die Konjunkturdynamik in Europa eher schwach. Die jüngsten konjunktur- und fiskalpolitischen Bekenntnisse von Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten werten wir aber als positiv (und längst überfällig). Wenn diese umgesetzt werden, wird das Wachstum in Europa deutlich angekurbelt. China, die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt, muss mannigfaltige strukturelle Probleme bewältigen und dabei die Perspektive für junge Leute deutlich verbessern, Deflation überwinden, Job- und Lohnwachstum generieren, soziale Sicherheitsnetze wie Gesundheits- und Pensionssystem ausbauen und den Immobiliensektor friktionslos «verwalten» und dabei die Wirtschaft öffnen und in eine Dienstleistungsgesellschaft überführen.
Weil Störfaktoren und Unwägbarkeiten dominieren, sollten momentan keine unnötigen Risiken eingegangen werden. Wir sind mit unserer Anlagestrategie gut aufgestellt für das aktuelle Umfeld. Wir bleiben breit diversifiziert investiert und halten Teilabsicherungen auf Aktien sowie einem hohen Anteil CHF und Gold.