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Allgemein

Der Monat Mai war geprägt von den Verhandlungen zur Anhebung der US-Schuldenobergrenze, ohne die ein Zahlungsausfall der USA mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen nicht zu vermeiden wäre – eine Einigung diesbezüglich ist inzwischen jedoch wahrscheinlich. Auf der Zinsseite scheint sich die amerikanische Notenbank FED noch uneins zu sein, ob sie die Zinsen weiter anheben oder vorerst pausieren möchte. Der Markt preist für Juli indessen bereits eine weitere Zinserhöhung ein und geht per Jahresende von einem lediglich leicht tieferen Leitzinsniveau wie heute aus – dies im Gegensatz zu mehreren Zinssenkungen für das aktuelle Jahr, mit denen der Markt noch vor gut zwei Monaten rechnete. Ob und wie weit die Zinsen noch ansteigen werden bleibt schwierig vorauszusagen - derart happige Zinserhöhungen, wie wir sie in den vergangenen Monaten in den meisten Regionen beobachten konnten, haben bisher jedoch oft zu einer wirtschaftlichen Abschwächung geführt. Darauf deuten auch diverse Vorlaufindikatoren, wie beispielsweise der Conference Board US Leading Indicator, seit geraumer Zeit hin.

Aktienmärkte

Die Entwicklung der Aktienmärkte präsentiert sich im Mai durchmischt. Während sich die Sektoren IT (+8.2%) und Kommunikation (+3.5%) positiv entwickelten, schlossen die übrigen Sektoren den Monat unverändert bis stark negativ ab. Die Leitbörsen in Europa verlieren im Berichtsmonat allesamt zwischen 1.6%  und 5.4%. Der SMI büsst aufgrund der Schwäche der Indexschwergewichte Nestlé (-5.8%) und Novartis (-4.4%) rund 1.9% ein. In den USA notiert der Dow Jones 3.2% tiefer und ist somit seit Jahresbeginn praktisch unverändert. Der S&P 500 notiert auf Montassicht unverändert, während der technologielastige Nasdaq 100 vor allem aufgrund hoher Wachstumserwartungen rund um das Thema Künstliche Intelligenz das Gewinnertableau mit 7.7% anführt. Diese Divergenzen zeigen sich ebenso deutlich unter der Indexoberfläche – die Marktbreite ist tief. Eine Handvoll Technologieschwergewichte vermochte die Indizes nach oben zu treiben. Unter anderen das Chip- und Softwareunternehmen NVIDIA, welches jüngst solide Quartalszahlen sowie einen deutlich höheren Umsatzausblick dank starker Nachfrage von Datenzentren veröffentlichte. Das Unternehmen hat diese Woche eine Marktkapitalisierung von einer Billion USD erreicht und reiht sich damit an fünfter Stelle der wertvollsten Unternehmen weltweit ein. Der S&P 500 Equal Weight Index, in dem alle 500 Indexbestandteile mit 0.2% gleich gewichtet sind, notiert seit Jahresbeginn lediglich unter Berücksichtigung der Dividenden mit 0.2%  knapp im Plus. Auch andere Vergleichswerte wie die Anzahl Aktien welche höher als die gleitenden Durchschnittspreise der vergangenen 200 Tage notieren, ist rückläufig. Verschiedene Anzeichen von interner Marktschwäche stimmen uns nach wie vor vorsichtig.

Zinsen

Das Renditeniveau ist in Europa mit Ausnahme von Grossbritannien im Mai gefallen, in den USA und in Kanada sowie in Asien sind die Renditen hingegen gestiegen. Die Zinskurven notieren nach wie vor deutlich invers. Die Renditedifferenz in den USA zwischen der dreimonatigen Schatzanleihe und zehnjährigen US-Staatsanleihen liegt bei -1.8%. Die Verhandlungen um die Schuldenobergrenze verursachte starke Renditeanstiege am US-Geldmarkt. Die Rendite der 4-monatigen US-Schatzanleihe mit Fälligkeit am 6. Juni stieg kurzfristig von 5.2% auf über 6.6%. Wie eingangs erwähnt, sind die Hoffnungen auf Zinssenkungen in den USA inzwischen verflogen und es wird mit einer Zinserhöhung bis im Juli gerechnet. Auch sind jüngst die Inflationserwartungen wieder gestiegen, bleiben aber noch gut verankert. Angesichts der Tatsache, dass der EZB-Rat weiterhin für mehrere Zinserhöhungen plädiert, steigt die Wahrscheinlichkeit eines geldpolitischen Fehlers. Vor allem dann, wenn das Wachstum in Europa und das Konsumentenvertrauen schwächelt.

Währungen & Rohstoffe

Die gestiegenen Zinserwartungen für die USA und die absehbare Verabschiedung des Kompromisses zur Abwendung eines Zahlungsausfalls im Senat und Kongress verhalfen dem handelsgewichteten USD zur Stärke. Der EUR hingegen tendiert weiter schwach gegenüber den wichtigsten Währungen. Die Erdölpreise verloren im Mai 9.2% (Brent) und 11.1% (WTI). Auch die Edelmetallpreise gaben teilweise deutlich nach. Silber handelt im Vergleich zum Vormonat 5.7% günstiger und Gold verliert 1.8%. 

Ausblick

Bislang müssen wir festhalten, dass sich unser Szenario eines ungünstigen Konjunkturumfelds bei hoher Inflation akzentuiert hat. Deutschland verzeichnete im ersten Quartal dieses Jahres mit -0.3% das zweite Mal in Folge ein rückläufiges BIP, was einer technischen Rezession entspricht. Zwar stiegen die Umsätze und Gewinne in Europa auf aggregierter Basis an – in den USA sind die Gewinne mit -2.7% bereits das zweite Quartal in Folge rückläufig. Die europäische Gewinnentwicklung folgt historisch betrachtet derjenigen der USA mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen. China als wichtiger Handelspartner für Europa überrascht mit negativen Wirtschaftsdaten – der Reopening-Effekt von Jahresbeginn scheint verpufft zu sein. Das Geldmengenwachstum fällt seit geraumer Zeit und ist in den USA bereits negativ (siehe FOKUS). Die höheren Finanzierungskosten manifestieren sich verstärkt in einer restriktiveren Kreditvergabe und verschiedene Vorlaufindikatoren signalisieren ein ungünstiges Umfeld. Der Dienstleistungssektor hingegen profitiert nach wie vor von einem Nachholeffekt seit der Pandemie und bildet inzwischen die Achillesferse für das Wachstum, sollte sich das verarbeitende Gewerbe nicht erholen, wovon wir ausgehen. Darüber hinaus waren die sieben wertvollsten Unternehmen im Weltaktienindex MSCI World Index prägend für die Kursentwicklungen seit Jahresbeginn. Es sind allesamt US-Unternehmen (absteigend nach Börsenkapitalisierung: Apple, Microsoft, Amazon, NVIDIA, Alphabet, Meta Platforms, gefolgt von Tesla). Ihr Anteil beläuft sich auf knapp 17% des Weltaktienmarktes und verdeutlicht die Einfältigkeit der Kursentwicklungen in den USA und im Weltaktienindex. Die geringe Aktienbreite unterstreicht, dass die Rally mit Risiken behaftet ist. Wir erwarten, dass sich das Wachstum aufgrund einer fallenden Geldmenge, einer restriktiveren Kreditvergabe, höheren Finanzierungskosten und strukturell höheren Preisen abschwächen wird. Stimuli in China dürften ausbleiben und somit auch das Wachstum keine unmittelbar, unerwartet positive Wende nehmen. Somit bleiben auch Wachstumsimpulse für Europa aus, während die Gewinne vorausblickend Gegenwind erfahren dürften. Wir erachten das Umfeld als ungünstig für Risikoanlagen und bleiben defensiv positioniert.

 

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