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Allgemein

Der EU-Gipfel vom Dezember brachte die Eurozone einen Schritt näher Richtung Fiskalunion, die EU hingegen einen Schritt näher Richtung Handlungsunfähigkeit. Grossbritannien stemmte sich mit Erfolg gegen eine Änderung der EU-Verträge. Die angestrebte Haushaltsdisziplin soll nun über  EU-Sekundärrecht in Verbindung mit nationalem Recht umgesetzt werden. Ob dieses Konstrukt allfällige Regierungswechsel in den jeweiligen Ländern überlebt, bleibt offen. Auch dass die Europäische Kommission Hoheitsgewalt über demokratisch gewählte nationale Parlamente haben soll, ist für viele störend. Weitere EU-Gipfeltreffen dürften also folgen, denn wie auch Frau Merkel zugibt, wird sich die Eurokrise noch eine Weile hinziehen. Wenigstens die volkswirtschaftlichen Aussichten lichteten sich im Dezember wieder. Während Italien zwar für das dritte Quartal ein Schrumpfen der Wirtschaft bekannt gab, zeigte der Citigroup Economic Surprise Index, dass die Wirtschaftsdaten für den gesamten Euroraum im Vergleich zu den Erwartungen wieder besser wurden. Auch in den USA entwickelten sich die Makrodaten erfreulich, vor allem vom Häusermarkt erwarten viele Ökonomen für 2012 deutliche Impulse. Die Politik konnte sich in letzter Minute auf eine Verlängerung der Steuererleichterung für Arbeitnehmer einigen, nachdem der öffentliche Druck auf die Republikaner aus der Mittelschicht stark zunahm.

Als Reaktion auf eine Abschwächung der Wirtschaft und fallenden Inflationsdruck begann China eine Phase der monetären Lockerung. So wurde der Mindestreservesatz für Banken zum ersten Mal seit Dezember 2008 gesenkt - von 21.5% auf 21%.

Aktien

Die meisten Indizes schlossen das Jahr deutlich im Minus. Der italienische Aktienmarkt verlor (Angaben in CHF) über das ganze Jahr 28% und notierte im Dezember nochmals um 3% tiefer. Der französische Aktienindex CAC40 gab im Dezember nochmals fast 2% und auf Jahresbasis insgesamt 20% nach. Auch Aktien der Emerging Markets verloren im 2011 deutlich an Wert. Die chinesischen Aktienindizes verloren bis zu 30%, die indischen gar bis zu 38% und der brasilianische Bovespa 28% an Wert. Die Handelsvolumen lagen im Dezember 18% unter dem Vorjahreswert. Viele Investoren schienen sich angesichts der  Eurokrise nicht mehr positionieren zu wollen. Neuigkeiten aus dem Unternehmenssektor fielen in der Tendenz negativ aus. So gaben in den USA 39 Unternehmen eine Gewinnwarnung heraus, nur 33 verbesserten den Ausblick. Der Umstand, dass die Bilanzen wohl weiter gekürzt werden müssen, wird für zusätzlichen Druck auf die Gewinne der Banken sorgen. Aktien handeln im historischen Kontext aber nach wie vor auf sehr tiefen Bewertungen, insbesondere in Relation zu den Renditen festverzinslicher Anlagen.

Obligationen

Die Renditen 10-jähriger Eidgenossen kamen im Dezember nochmals zurück und erreichten am Jahresende mit 0.663% ein neues Allzeittief. Während sich die EZB nach wie vor weigerte, unbeschränkt Staatsanleihen zu kaufen, gab sie indirekt dennoch rund EUR 200 Mrd. an Zusatzliquidität ins System. Banken erhielten die Möglichkeit, sich gegen Sicherheiten unbeschränkt 3-jähriges Geld zu einem Zinssatz von 1% zu beschaffen. Insgesamt nahmen 523 europäische Banken so EUR 489 Mrd. auf und konnten 63% ihres Refinanzierungsbedarfs für 2012 decken. Die Aktion führte ebenfalls zu einer Wiederbelebung der Nachfrage nach italienischen und spanischen Staatsanliehen, welche als Sicherheiten für das Programm rege gesucht waren.

Währungen

Die SNB beliess den EUR/CHF-Mindestkurs anlässlich der Geldpolitischen Lagebeurteilung am 15. Dezember unverändert bei 1.20, worauf der Kurs deutlich reagierte und von 1.24 auf zwischenzeitlich 1.214 abrutschte, da doch einige auf eine Erhöhung des Mindestkurses gesetzt hatten. Die am 21. Dezember veröffentliche SNB-Bilanz für den Oktober zeigte überraschenderweise einen Rückgang bei den Devisenreserven. Die Notenbank musste im Oktober offensichtlich nicht in grossem Stil weiter intervenieren um den Mindestkurs zu halten. Der Euro kam gegenüber dem Dollar trotz EU-Gipfel nochmals unter Druck und schloss den Monat mit fast -4%. Mit weiterer wirtschaftlicher Stärke in den USA und einer zusätzlichen Ausweitung der EZB-Bilanzsumme dürfte diese Entwicklung weiter anhalten.

Ausblick

Leider wird das neue Jahr wohl so weitergehen, wie das alte endete. Die im Dezember gefassten Beschlüsse müssen nun in EU- und nationales Recht umgemünzt werden, vereinzelt werden Volksabstimmungen nötig. In Griechenland dürfte die Amtszeit des Übergangspräsidenten Papademos im Februar enden und eine neue Regierung gewählt werden, welche womöglich weniger konstruktiv sein wird. In Frankreich hat Präsidentschaftskandidat François Hollande angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs die am letzten EU-Gipfel gefundene Lösung neu verhandeln zu wollen. Schliesslich muss Italien im 2012 rund EUR 330 Mrd. Anleihen refinanzieren, Spanien rund EUR 150 Mrd. In den USA wird die Politik im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Herbst wohl noch kontroverser. Positiv überraschen könnte die US Volkswirtschaft mit einer Belebung des Häusermarktes sowie die aufstrebenden Länder, die noch einigen Spielraum zur Wiederbelebung ihrer Volkswirtschaften haben (siehe Fokus).

 

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